Open Source als Konjunkturbremse

Mit dem Titel "Opening the Open Source Debate" hat sich ein US-amerikanisches Institut in die allzeit brodelnden Diskussionen über das Für und Wider rund um Open-Source-Software eingemischt.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Peter Siering

Bereits die Vorankündigung der Studie des US-amerikanischen Tocqueville-Instituts hatte vor einigen Tagen Schlagzeilen gemacht. Passend zur Pressemitteilung des Instituts titelte der britische News-Dienst The Register: "Open Source lädt Terroristen ein". Seit gestern ist die Studie nach anfänglichen Problemen als PDF-Datei zum Download erhältlich. Die Töne, die der Autor Kenneth Brown darin anschlägt, fallen deutlich leiser aus, als das vorangegangene Medienecho vermuten ließ. Von Terrorismus ist in der Studie keine Rede mehr, wenngleich sie mitunter das Bild von Bauplänen und Gebäuden bemüht, um Gefahrenpotenziale von Open- und Closed-Source-Software zu vergleichen.

Die Studie geht allerdings auch kaum über bekannte Argumente hinaus. Der aufgestellten Behauptung, dass der Einsatz von Open-Source-Software durch die öffentliche Hand ein Sicherheitsrisiko darstelle, stehen aber in der Studie keine schlagkräftigen Vorteile von Software, deren Quelltexte nicht frei zugänglich sind, in diesem Bereich gegenüber. Auch behauptet der Autor, dass sich die erfolgreichsten Programmierer und Firmen schließlich gegen die Freigabe ihrer Quelltexte entschieden hätten -- woran er deren Erfolg misst, lässt er offen. Auch die Thesen, dass das Open-Source-Modell einen ganzen Wirtschaftzweig ruiniere, langfristig für schlechte Qualität sorge und so weiter, untermauert die Studie kaum mit Fakten.

Es sind andere Aspekte, bei denen die Studie punkten kann, auch wenn sie sich unverhohlen gegen die GNU Public Licence (GPL) richten. So führt sie die Rechtsunsicherheit der GPL an: Noch habe kein Gericht darüber befunden, wie die Einschränkungen und Ausnahmen auszulegen seien, etwa ob die Erlaubnis GPL- und Nicht-GPL-Code in einem Projekt zu bündeln, auch vor Gericht Bestand hätte. Viele Zahlen, die das Tocqueville-Institut indes in seinem Bericht anführt, sprechen für die GPL: Es handelt sich um die verbreitetste Open-Source-Lizenz und die Verbreitung nimmt offenbar weiter zu. Die Autoren allerdings gehen davon aus, dass sich Entwickler von der GPL abwenden könnten -- warum, bleibt bis auf weiteres allerdings ihr Geheimnis.

Kommentare aus der Open-Source-Kreisen ließen nicht lange auf sich warten. David F. Skoll von Roaring Penguin Software hat sich mit der Studie auseinandergesetzt und findet seiner Ansicht nach häufig die Argumente Microsofts wieder. Andernorts heißt es noch deutlicher, dass das Tocqueville-Institut auch aus Redmond Geld bekommt -- ob nur ein Versuch, Verschwörungstheorien etwas faktische Unterfütterung zu verschaffen, oder reales Argument gegen die Studie, bleibt dahingestellt. Der Refrain in Skolls Antwort auf die Studie jedenfalls spricht Bände -- zumindest für das Selbstbewusstsein der Open-Source-Szene. Skoll sieht Open Source und die GPL im Besonderen als neue Herausforderung für Software-Hersteller: "Adapt or die". (ps)