Google zensiert Scientology-Kritiker

Google hat eine Reihe von Seiten Scientology-kritischer Sites aus seinem Index gelöscht.

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Google hat eine Reihe von Seiten der Scientology-kritischen Sites "Operation Clambake" und ihrer Mirror-Server aus seinem Index gelöscht. Damit kommt der Suchmaschinen-Betreiber einer Aufforderung der Scientology-Organisation nach, die sich auf ein amerikanisches Gesetz, den Digital Millenium Copyright Act (DMCA) beruft. Danach müssen Anbieter, die von Copyright-Verletzungen Kenntnis erhalten, diese unterbinden.

In einem Brief an den Webmaster der Clambake-Homepage Andreas Heldal-Lund, den dieser auf seiner Website zitiert, teilt der Suchmaschinen-Betreiber seinen Schritt mit. Ihm seien die Hände gebunden: "Hätten wir diese URLs nicht entfernt, könnten wir wegen Copyright-Verletzungen verklagt werden."

Worin die Urheberrechtsverletzung bei Google im Einzelnen besteht, das geht aus dem Brief nicht hervor. Aber offensichtlich genügt nach amerikanischem Recht der Hinweis von Scientology auf die wirkliche oder vermeintliche Urheberschutzverletzung, um den Suchmaschinen-Betreiber zwingen zu können, die betreffenden Seiten zu entfernen.

Scientology hatte schon in der Vergangenheit durch ähnliche Aktionen von sich reden gemacht. So musste der Online-Newsdienst Slashdot -- ebenfalls wegen vermeintlicher Urheberrechtsverstöße -- einen veröffentlichten Beitrag wieder entfernen.

Der Scientology-Kritiker Keith Henson malt in einem Kommentar weitere Auswirkungen auf das Internet aus. So befürchtet er, dass weitere Seiten aus dem Google-Index verschwinden werden -- einzig und allein, weil sie in den Augen des Copyright-Besitzers eine Urheberrechtsverletzung darstellen.

Die Herausnahme von Scientology-kritischen Seiten ist der letzte Schritt eines bereits seit längerer Zeit währendes Kampfes um den Suchbegriff "Scientology" bei Google. Henson hatte beobachtet, dass bei diesem Suchbegriff keine Scientology-kritischen Sites unter den ersten Treffern erschienen und analysiert, warum dies so war. So verfügte Scientology im Unterschied zu seinen Kritikern über ein großes Netzwerk von untereinander verlinkten Sites, was zu einer hohen Bewertung führte: Google räumt der Anzahl der Links, die auf eine Site verweisen, ein hohes Gewicht bei der Relevanzbeurteilung ein -- eine viel verlinkte Site wird an höherer Position in der Ergebnisliste angezeigt, als eine Site, auf die an wenigen Stellen verwiesen wird.

Ende Februar haben sich daraufhin die Betreiber einer Reihe von Websites zusammengeschlossen, um etwas gegen das Untergewicht der Scientology-kritischen Websites zu unternehmen. Dabei setzten sie eine Technik namens "Google Bombs" ein, mit der sich Google-Rankings einzelner Sites zumindest für einen gewissen Zeitraum verbessern lassen. Eine detaillierte Beschreibung der Google Bombs liefert ein Artikel im Online-Magazin Microcontent News. Dabei haben sie auf ihren Sites die Homepage der Operation Clambake mit dem Ankertext "Scientology" verlinkt. Laut einem Artikel in Daily Rotten führte dies zeitweilig dazu, dass die Clambake-Homepage vom 18. auf den 4. oder 5. Platz in der Trefferliste zum Suchbegriff "Scientology" aufstieg.

Vorgestern hat Google die Clambake-Seiten aus seinem Index genommen. Wer heute mit Google nach "Scientology" sucht, findet dennoch auch unter den ersten Treffern Sites, die sich kritisch mit der Organisation auseinandersetzen. In der betreffenden Rubrik von Googles Katalog findet sich die Homepage der Operation Clambake an erster Stelle. (jo)