KPNQwest: The Show must go on

Nachdem der Netzwerkbetrieb des insolventen IP-Carriers KPNQWwest vorerst gesichert scheint, laufen die Verhandlungen um die Konkursmasse auf Hochtouren.

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Von
  • Holger Bleich

Nachdem der Netzwerkbetrieb des insolventen IP-Carriers KPNQWwest jetzt vorerst gesichert scheint, laufen die Verhandlungen um die Konkursmasse offenbar auf Hochtouren. Angaben des deutschen Firmensprechers Thilo Huys zufolge haben etwa ein Dutzend Mitbewerber großes Interesse an der KPNQwest-Infrastruktur gezeigt. Eine entsprechende Zahl vorläufiger Angebote lägen den holländischen Insolvenzverwaltern in der Amsterdamer Firmenzentrale von KPNQwest NV vor.

Am gestrigen Dienstag verhandelten der deutsche Insolvenzverwalter Ulrich Bert und Geschäftsführer Michael Müller-Berg in Amsterdam um die Fortführung der KPNQwest Germany GmbH. Dort seien drei mögliche Szenarien zur Sprache gekommen, erläuterte Huys im Gespräch mit heise online. Zum einen sei es denkbar, den KPNQwest-Konzern als Ganzes zu verkaufen und als paneuropäisches Unternehmen weiterzuführen. Als zweite Option käme die Reduzierung des Firmenverbunds auf die KPNQwest-Gesellschaften in den Benelux-Staaten, in Frankreich und in Deutschland, ein so genanntes "Golden Triangle", in Frage. Es sei aber auch möglich, dass sich die KPNQwest Germany GmbH vollständig löst und ihr Glück als selbstständige Firma versucht.

Dazu möchte die deutsche Gesellschaft den Betrieb des "German Euroring" übernehmen. Dieses Glasfasernetzwerk besteht aus drei miteinander verbundenen Sub-Ringen und versorgt 16 deutsche Großstädte. Insgesamt hat KPNQwest in den Jahren 1999 und 2000 dafür 2700 Kilometer Kabel in Deutschland verlegt. Der Backbone kann theoretisch bis zu 96 Terabit/s transportieren, ist aber derzeit nur zu einem geringen Prozentsatz genutzt. Er kostete das Unternehmen seinerzeit nach eigenen Angaben rund 255 Millionen Euro. In welcher Form eine Übernahme dieses Segments durch KPNQwest Germany erfolgen könnte, ist noch offen.

Grundsätzlich hätten die holländischen Insolvenzverwalter aber grünes Licht gegeben, versicherte Firmensprecher Huys. Schon jetzt sei KPNQwest Germany in der Lage, den IP-Traffic auf den Ringen selbst zu regeln. Gestern wurde mit den Niederländern eine Frist von sechs Wochen vereinbart, um auch die technische Infrastrukur auf SDH-Ebene (Synchrone Digitale Hierarchie) von Deutschland aus steuern zu können. Dass damit auch gewährleistet sei, dass der Netzwerkbetrieb in dieser Zeitspanne vom Network Operation Center Den Haag aufrecht erhalten wird, wollte Huys jedoch nicht bestätigen.

Die KPNQwest-Führungsriege gerät derweil zunehmend in die öffentliche Kritik. Es könne nicht alles mit rechten Dingen zugegangen sein, wenn das Unternehmen im Februar profitabel zu arbeiten schien, im März eine Gewinnwarnung herausgegeben habe und Ende Mai bereits insolvent gewesen sei, lautet der Tenor. KPNQwest-Chef Jack McMaster müsse die Banken angelogen haben, um noch weitere Kredite zu bekommen, sagte etwa Analyst Bert Siebrand von SNS Securities. Seiner Ansicht nach müssten jetzt die US-amerikanische und niederländische Börsenaufsicht auf den Plan treten.

Der Vorwurf lautet, die Geschäftsführung von KPNQwest habe im vergangenen Jahr Lücken im US-amerikanischen Bilanzrecht genutzt, um Einkommen doppelt zu verbuchen. Außerdem soll Joint-Venture-Teilhaber Qwest die Bilanzen "aufgepumpt" haben, indem man mit KPNQwest viel größere Traffic-Abnahmeverträge abgeschlossen habe als nötig gewesen sei.

Aber auch für einige Top-Manager von Global Telesystems (GTS) könnte die Insolvenz Konsequenzen zeitigen. GTS hatte in diesem März das Ebone- und sein "Central-Europe"-Netzwerk an die Niederländer verkauft. Jetzt haben 95 erzürnte Aktionäre eine Klage gegen die drei GTS-Vorstände eingereicht. Sie hätten GTS unter dem Deckmantel der "Restrukturierung" in den Konkurs gefahren, während sich die Top-Manager ständig die Gehälter erhöhten und heimlich einen Bonus nach dem anderen ausschütteten. "Die drei haben sich auf diese Weise im Jahr 2001 21 Millionen US-Dollar genehmigt, also 52 Prozent dessen, was die Firma zu dieser Zeit an der Börse wert war", sagte ein klagender Aktionärs-Vertreter. Der Vertrag zur Übernahme durch KPNQwest sei dann ausgerechnet von Geoffrey von Deylen unterzeichnet worden, Deylen, zuvor Finanzvorstand von GTS, war während der Verhandlungen zu KPNQwest gewechselt.

Zur Situation bei KPNQwest siehe auch:

There’s an English article about KPNQwest’s bankruptcy available with some background information from prior German articles: KPNQwest Files For Bankruptcy. (hob)