COVID-19: Omikron-optimierte Impfstoffe möglicherweise überbewertet

Tierexperimentelle Studien zeigen beim Boostern mit Omikron-spezifischen Impfstoffen kaum Vorteile.

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(Bild: CDC / Unsplash)

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Omikron ist anders als seine Vorgänger und hat – wie sich inzwischen abzeichnet – nur vermeintlich unsere Impfstoffe ausgetrickst. Dass der Fokus beim Impfen gegen SARS-CoV-2-Varianten zunächst vor allem auf der Bildung schneller und reaktiver Antikörper lag, war sicher nicht zuletzt der phänomenalen Antikörperproduktion durch die neuen RNA-Impfstoffe geschuldet. Sie konnten die Infektionen mit frühen Varianten tatsächlich verhindern und nicht nur den Infektionsverlauf abmildern.

Mitten im pandemischen Geschehen blieb keine Zeit, die bei Impfungen mindestens ebenso wichtige langfristige Reaktion der zellulären Immunantwort abzuwarten. Inzwischen ist aber genügend Beobachtungszeit vergangen und auch die zelluläre Immunantwort springt an und schützt uns. Mehr noch: Klar ist seit kurzem sogar, dass drei Kontakte mit dem Spike-Protein zu einer besonders guten Antikörper-Qualität führen. Diese Antikörper funktionieren auch versionsübergreifend.

Diese Erkenntnisse sind neu. Weil aber schon die ersten Varianten Tendenzen gezeigt haben, sich der Impfantwort zu entziehen, arbeiten Forschende bereits seit Monaten an Impfstoffen, die uns generell resilienter gegen immer neue SARS-CoV-2-Varianten machen sollen. Einige zielen besonders auf eine Stärkung der zellulären Immunantwort ab, andere basieren auf der Beta-Variante, die die Pandemie vor allem in Südafrika in der zweiten Welle vor einem Jahr angetrieben hat. Sie befinden sich in den klinischen Phasen II und III.

So hat etwa Biontech drei Impfstoffe für Auffrischungsimpfungen in Phase II. Sie sind an Alpha, Delta und die Kombination aus beiden Varianten angepasst. Und das Unternehmen hat einen Impfstoff in der Pipeline, der für Beta optimiert ist und als Prototyp für weitere Variantenanpassungen entwickelt wird. Auch Moderna hat einen bivalenten Auffrischungs-Impfstoff in Phase II/III, der sich nicht nur gegen die Wildvariante sondern zusätzlich gegen Beta richtet.

Am Anfang der Omikron-Welle dann zuerst der Schock: Die Impf-Antikörper können die neue Variante nur schlecht abfangen. Die Impfstoff-Forschenden haben umgehend reagiert und neue Impfstoffe auf den Weg gebracht, die speziell an Delta und Omikron angepasst sind. Am 25. Januar gingen Biontech und Pfizer mit einem Omikron-Kandidaten in eine klinische Studie mit bis zu 1.420 Probanden, die die Sicherheit, Verträglichkeit und Immunogenität des Impfstoffes prüft. Getestet wird der neue Impfstoff als Impfserie zu Grundimmunisierung und als Booster. Moderna hat eine reine Boosterstudie in Phase II nur einen Tag später auf den Weg gebracht.

Bevor der Moderna-Impfstoff in den klinischen Studien am Menschen erprobt wurde, haben Forschende der Washington University School of Medicine und des Vaccine Research Center der National Institutes of Health in Bethesda den für Omikron angepassten Impfstoff in Tierexperimenten getestet. Die Tests wurden zwar nur mit wenigen Tieren durchgeführt und die Veröffentlichungen dazu befinden sich noch im Preprint-Stadium, aber sie geben bereits Hinweise darauf, dass ein spezieller Omikron-Booster nicht wesentlich besser wirkt als der Wildtyp-Impfstoff, der derzeit verimpft wird.

Am Vaccine Research Center bekamen acht Rhesusaffen drei Impfstoffdosen: die Grundimmunisierung mit zwei Dosen des originalen Wildtyp-Impfstoffes von Moderna und eine Auffrischungsimpfung. Der Booster war entweder der Wildtyp-Impfstoff oder der im Prinzip gleiche Impfstoff, der statt des Spike-Proteins der Wildtyp-Variante, das Spike-Protein von Omikron enthielt. Das Ergebnis war, dass alle Affen eine breite Antikörperreaktion gegen Beta, Delta und Omikron zeigten – unabhängig davon, mit welchem Spike-Protein sie geboostert wurden.

Auch konnten die Forschenden beobachten, dass beide Auffrischungsimpfungen die Bildung von Gedächtniszellen gefördert haben, die sich gegen viele Varianten richten und nicht nur gegen die Variante des Impfstoffes. Selbst bei direktem Kontakt mit dem Omikron-Virus waren beide Impfversionen gleich erfolgreich. Innerhalb von zwei Tagen hatte das Immunsystem der Affen die Viren ausgebremst.

Welche Auswirkungen eine Grundimmunisierung mit dem Omikron-Impfstoff hat, hat die Forschungsgruppe aus Washington untersucht – zum Booster nach einer Wildtyp-Grundimpfung hat das Team die gleichen Beobachtungen gemacht, wie das Team, das die Affen geimpft hat. Mäuse, deren Immunsystem jedoch noch keinen Wildtyp-Impfstoff gesehen hat und die mit der Omikron-Version des Moderna-Impfstoffes geimpft wurden, bildeten große Mengen sehr wirksamer Antikörper gegen Omikron. Allerdings konnten diese Antikörper nur wenig gegen den Wildtyp, Beta oder Delta ausrichten.

(jsc)