RealNetworks schimpft über Online-Strategien der Musikindustrie

Obwohl die US-Softwarefirma selbst die Technik für die Plattform MusicNet liefert, zeigte sich einer ihrer Manager unzufrieden mit dem Erreichten.

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Mark Hall, Leiter der Abteilung Media Publishing bei der US-Softwarefirma RealNetworks hat am Rande der Internet World in Berlin heftige Kritik an den im Winter eröffneten Online-Vertriebsplattformen der Musikindustrie geübt. Als besonders kontraproduktiv empfindet der Szenekenner die strikten Nutzungsregeln der legalen Musikangebote. "Die Verbraucher verstehen es einfach nicht, dass sie einen Song nach 30 Tagen nicht mehr abspielen können", sagte Hall. Die für die Kontrolle der Nutzerrechte sorgenden Digital-Rights-Management-Techniken (DRM) würden sich insgesamt noch nicht fließend genug in die Plattformen einbinden und daher als störend empfunden. Die Angebote seien daher einfach noch nicht einfach genug zu benutzen.

Die Haltung Halls ist besonders überraschend, da RealNetworks mit dem RealOne-Player die Technik für MusicNet liefert, den Verbund der Labels BMG, EMI und Warner. Aus den Ausführungen des Managers spricht anscheinend die Enttäuschung über den bisher geringen Anklang, den die legalen Musikplattformen angesichts zahlreicher "Konkurrenten" aus dem Peer-to-Peer-Umfeld bei den Surfern finden. Auch mit Selbstkritik sparte der fürs DRM-System von MusicNet verantwortliche Firmenvertreter aber nicht. "Wir müssen diese Technik für den Verbraucher vollständig transparent machen", erklärte Hall. "Noch hat das aber niemand geschafft." Schuld an der mangelnden Verbraucherfreundlichkeit der Musik-Mietstationen im Netz sind laut Paul Eisenstein Levett, Leiter Produktentwicklung und Marketing bei der Online-Plattform Vitaminic, aber auch die großen Plattenfirmen. In zahlreichen Verhandlungsrunden mit den Labels vermisste der Manager des alternativen Musikangebots vor allem eine gewisse Offenheit gegenüber neuen Trends und Techniken.

Hall beanstandete außerdem, dass die Betreiber von MusicNet große Namen wie Madonna oder die Beatles noch immer nicht in ihren Online-Katalog aufgenommen hätten. Auch daraus erkläre sich die mangelnde Attraktivität des Angebots. Generell prognostiziert der Internet-Streaming-Pionier, dass sich innerhalb der nächsten 18 Monate ein "wichtiger Platin-Künstler" für den direkten Vertriebsweg seiner Musik über das Netz entscheiden wird. "Die nächste Britney Spears", so Hall, "wird andere Wege finden zum Geldverdienen als über die großen Labels." (Stefan Krempl) / (jk)