Mini-ITX-Mainboard mit ARM-CPU für Linux-Rechner

Die chinesische Firma T-Firefly bringt ein PC-Mainboard mit ARM-Prozessor und Schnittstellen wie PCI Express und SATA sowie vielleicht mit UEFI-BIOS.

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Mini-ITX-Mainboard T-Firefly ITX-3588J mit ARM-Prozessor Rockchip RK35888

(Bild: T-Firefly)

Lesezeit: 4 Min.
Inhaltsverzeichnis

Das T-Firefly ITX-3588J im Mini-ITX-Format ist eines der ersten PC-Mainboards mit ARM-Prozessor, das sich mit flexibel bestückbaren x86-Boards vergleichen lässt. Auf dem ITX-3588J rechnet der Rockchip RK3588, der je vier Cortex-A76- und Cortex-A55-Kerne mit bis zu 2,4 GHz vereint. Das verspricht Rechenleistung auf dem Niveau von älteren Celeron-N-Prozessoren mit "Atom"-Kernen von Intel. Die Performance sollte für einfache Office-Anwendungen und viele Server-Aufgaben genügen.

Leider nennt T-Firefly bisher keinen Preis für das ITX-3588J und die Spezifikation ist auch noch in einigen Punkten unklar. So erwähnt die Produktwebseite für den Arbeitsspeicher "4GB/8GB/16GB 64bit LPDDR4/LPDDR4x/LPDDR5 (Up to 32GB optional)" – demnach kommen also keine Standard-Speichermodule wie DDR4-SODIMMs zum Einsatz, sondern aufgelötete LPDDR-Chips oder proprietäre Wechselmodule.

Zum 8-Nanometer-Chip RK3588 finden sich auf der Rockchip-Webseite bisher keine weiteren Informationen; T-Firefly verrät nicht, ob der Chip einen Kühler oder Lüfter benötigt.

Für den Einsatz als NAS oder Server sind PCIe-Steckfassungen und SATA-Ports wichtig. Die vier PCIe-3.0-Lanes des Rockchip RK3588 sind über einen PCIe-Slot nutzbar. Das Board hat außerdem vier SATA-Ports. Ein Molex-Stecker liefert die Betriebsspannung für SATA-Speichermedien, denn das ITX-3588J ist nicht zum Betrieb an einem ATX- oder SFX-Netzteil gedacht, sondern zur Speisung aus einer einzelnen Gleichspannung (12 bis 24 Volt) oder per PoE.

Die Anschlüsse des Mini-ITX-Mainboards T-Firefly ITX-3588J

(Bild: T-Firefly)

Die M.2-Fassung für eine SSD in der Bauform M.2 2242 ist allerdings nicht per PCIe angebunden, sondern per SATA; vermutlich ist sie nicht gleichzeitig mit allen vier SATA-Ports nutzbar. Eine Fassung für eine PCIe Mini Card ist für den Einbau eines 4G- oder 5G-Modems gedacht. Dabei ist nicht klar, ob sie per USB oder PCIe angebunden ist und welche anderen Lanes dazu umgeschaltet werden müssen. Die Spezifikation erwähnt auch WLAN, aber nicht, wie der Adapter angebunden ist.

T-Firefly lötet auf das ITX-3588J zwischen 16 und 128 GByte eMMC-Flash-Speicher als Bootmedium; alternativ ist ein MicroSD-Kartenleser vorhanden.

T-Firefly erwähnt als kompatible Betriebssysteme Android 12, die Linux-Distributionen Ubuntu Desktop, Ubuntu Server, Debian 11 und Unity OS (UOS) sowie Kylin und RTLinux. Das Board soll UEFI Boot "unterstützen". Wenn damit eine Firmware gemeint ist, die den Vorgaben der ARM-SBSA-Spezifikation entspricht, würde das die Flexibilität bei der Auswahl der Linux-Distributionen stark erweitern.

Das T-Firefly ITX-3588J ist zur Speisung mit einer einzigen Gleichspannung oder PoE ausgelegt.

(Bild: T-Firefly)

Der Hersteller T-Firefly hebt die leistungsstarken Videodecoder und -Encoder des Rockchip RK3588 hervor: Das ITX-3588J hat nicht nur zwei HDMI-Ausgänge (HDMI 2.1 und 2.0) sowie VGA, USB-C mit DP 1.4 und MIPI-DSI, sondern auch einen HDMI-Eingang sowie MIPI-CSI zum Anschluss von Kameras.

Damit eignet sich das Board für Überwachungssysteme und Netzwerkvideorecorder (NVR), dafür ist wohl auch die Power-over-Ethernet-(PoE-)Speisemöglichkeit gedacht sowie der 12-Volt-Anschluss für einen "Heater", also etwa für die heizbare Frontscheibe eines Kameragehäuses.

Ein KI-Beschleuniger (Neural Processing Unit, NPU) im RK3588 soll bis zu 6 Tops Rechenleistung beisteuern und lässt sich etwa zur Videodatenauswertung einspannen.

Viele der Funktionen des T-Firefly ITX-3588J sind typisch für Mini-ITX-Mainboards, die als Embedded Systems für den Einsatz in Systemen anderer Hersteller ausgelegt sind, also nicht für den Einzelverkauf. Die Bestückung mit LPDDR- und eMMC-Speicher sowie die PoE-Speisemöglichkeit und die SATA-Stromversorgung dürften den Preis deutlich über 150 Euro treiben.

In den vergangenen Wochen sind auch andere Boards mit dem erstmals schon 2019 angekündigten RK3588 erschienen, darunter das ab 129 US-Dollar erhältliche Radxa Rock 5 Model B mit M.2-Slot sowie ein noch namenloses Banana-Pi-Steckmodul.

(ciw)