Bayerns LKA will umstrittene Palantir-Software einsetzen

Die bayrische Polizei holt ein Analysesystem der US-Firma Palantir. Weitere Kooperationen mit der Polizei in Deutschland könnten folgen. Doch es gibt Kritik.

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Polizei-Schild

(Bild: mahc/Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Andreas Knobloch
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Datenschützer sind alarmiert. Analysten des Bayerischen Landeskriminalamtes (BLKA) sollen künftig ein System der deutschen Tochter des umstrittenen US-Datenunternehmens Palantir zur Datenauswertung nutzen. Palantir Technologies GmbH habe den Zuschlag für das "Verfahrensübergreifende Recherche- und Analysesystem" (VeRA) des BLKA erhalten, teilte die Behörde am Montag mit. Kein anderes Unternehmen habe die "sehr strengen Ausschreibungskriterien" erfüllt, hieß es vonseiten des bayrischen Innenministeriums.

"VeRA" soll bereits vorhandene Informationen aus verschiedenen, der Polizei zur Verfügung stehenden Datenbanken verknüpfen. Dazu gehört zum Beispiel das Vorgangsbearbeitungssystem, in dem alle Anzeigen und die dazugehörigen Sachverhalte gespeichert sind, wie BLKA-Projektleiter Jürgen Brandl erklärte. "Unser Ziel ist, die Analysefähigkeit der Polizei zur Bekämpfung und Verfolgung der schweren und organisierten Kriminalität und des Terrorismus noch erfolgreicher und schneller zu machen", so Brandl. Neue Daten würden nicht erhoben.

Bayern könnte Vorreiter für andere Bundesländer sein. "Die neue Software kann nicht nur in Bayern zum Einsatz kommen", erklärte der BLKA-Präsident Harald Pickert. "Polizeien von Bund und Ländern haben jetzt die Möglichkeit, ohne zusätzliche aufwändige Vergabeverfahren dieses innovative Analysesystem zu nutzen."

Denn Bayern hat laut BLKA im Rahmen eines Bund-Länder-Vorhabens, das polizeiliche Verfahren vereinheitlichen soll, federführend die Ausschreibung übernommen und einen Rahmenvertrag geschlossen. Erneute Vergabeverfahren für die Polizeien von Bund und Länder wären daher nicht nötig.

Während die Polizei eine "noch erfolgreichere Polizeiarbeit" prognostiziert, zeigen sich Datenschützer skeptisch. Der bayerische Landesdatenschutzbeauftragte Thomas Petri sprach laut dpa von einem massiven Eingriff in die Grundrechte von "Millionen Menschen". Die akten- und vorgangsübergreifenden "Big Data"- und Datamining-Verfahren erhöhten die Eingriffsintensität erheblich. Im Sommer 2020 warnte Privacy International vor Überwachungs-Outsourcing bei der Polizei. Die Sicherheitsbehörden kooperierten häufig mit privaten Akteuren, darunter Palantir, um Bürger auszuspionieren. Dies verschlimmere Grundrechtseingriffe.

Bereits bei der Ausschreibung zu "VeRA" waren Datenschutzbedenken laut geworden, sowie Bedenken angesichts einer möglichen Auftragsvergabe an Palantir.

Ein anderes Thema sei das Vertrauen in Palantir, so Petri. Der US-Mutterkonzern hat auch schon für US-Geheimdienste und das Pentagon gearbeitet und wird von Bürgerrechtlern und Datenschützern immer wieder kritisiert. Gegründet wurde Palantir von dem umstrittenen Tech-Milliardär Peter Thiel, der rechtsextreme Politiker, darunter den ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump, finanziell unterstützt.

In Hessen und Nordrhein-Westfalen hat die Polizei in der Vergangenheit schon Erfahrungen mit Palantir-Software gesammelt. Im April 2020 plante Hessens Covid-19-Krisenstab, mit einer Software des US-Unternehmens ein umfassendes Lagebild zur Corona-Pandemie zu erhalten. Später entschied sich die hessische Landesregierung doch dagegen. Anderthalb Jahre zuvor hatte Kritik an der Beschaffung und den Funktionen einer Palantir-Software der Polizei in Hessen für einen Untersuchungsausschuss gesorgt. Auch die Polizei von Nordrhein-Westfalen wollte Anfang 2020 das Datenanalyse- und Recherchesystem von Palantir einsetzen.

(akn)