Pharma-Großhandel gegen Internet-Apotheken

Der Bundesverband des pharmazeutischen Großhandels hält das Modell des Arzneimittelversands in den USA für nicht auf Deutschland übertragbar.

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  • Richard Sietmann

Wer den Arzneimittelversand in den USA kennt, könne nicht ernsthaft für die Abschaffung des deutschen Versandhandelverbotes eintreten, erklärte der Vorsitzende des Bundesverbandes des pharmazeutischen Großhandels ([http.//www.phagro.de PHAGRO]), Lothar Jenne, heute in Berlin. Er appellierte an die designierte Bundesregierung, "sich von diesem Nebenkriegsschauplatz" der Reform des Gesundheitswesens zurückzuziehen und die Aufhebung des Versandhandelsverbotes "noch einmal unvorbelastet zu überdenken".

Jenne stützte seine Forderung auf die Ergebnisse einer Untersuchung der Unternehmensberatung Cap Gemini Ernst & Young zum Versandhandel von Arzneimitteln in den USA, der Schweiz und den Niederlanden. Danach konnten die Medikamentenversender in den USA ihren Marktanteil auf derzeit rund 12 Prozent steigern. In den Niederlanden bringt es die Internet-Apotheke Doc Morris auf einen Marktanteil von 0,03 Prozent und in der Schweiz konnten drei Versandapotheken nur drei Prozent des Marktes auf sich vereinigen.

Übertragen auf das momentane deutsche Gesundheitssystem würde der Versandhandel mit Arzneimitteln lediglich auf einen Marktanteil von ein bis zwei Prozent kommen -- zu gering, um das Gesundheitswesen zu sanieren. "Ohne tiefgreifende Einschnitte in die bestehenden Strukturen", so der Leiter des Bereichs Life Sciences bei Cap Gemini Ernst & Young, Rolf Badenhoop, "lässt sich in Deutschland ein Arzneimittelversandhandel mit signifikantem Einsparungspotential nicht aufbauen".

Er hält das amerikanische Beispiel für nicht auf den deutschen Markt übertragbar. Die in den USA erzielten Einsparungen seien in erster Linie auf die Institution und Vorgehensweise des sogenannten Pharmacy Benefit Managers zurückzuführen, der die Medikamentenversorgung der Patienten im Auftrag der Krankenkassen sowohl nach medizinischen als auch wirtschaftlichen Kriterien organisiert. Dies ist allerdings mit erheblichen Einschränkungen der Wahlmöglichkeiten von Arzt und Patient verbunden. "Die Einschränkungen, die das amerikanische Versandsystem erst möglich machen", so Badenhoop, "werden in Deutschland nicht erlaubt sein".

Der PHAGRO-Vorsitzende Jenne folgert daraus, "es gibt weder einen wirtschaftlichen, noch einen juristischen Zugzwang in Richtung Arzneimittelversand". Sein Bundesverband, der die Studie in Auftrag gegeben hatte, vertritt die 16 in Deutschland tätigen Arzneimittelgroßhandlungen der Vollversorgung, die über 106 Niederlassungen die öffentlichen Apotheken beliefern. Zu den Mitgliedern des Verbandes zählen die bundesweit tätigen Unternehmen Phoenix, Gehe und Anzag, die Apothekergenossenschaften Sanacorp und Noweda, sowie elf regionale Pharmagroßhandlungen. (Richard Sietmann) / (anw)