DIRC -- Die "letzte Meile" gehen wir gemeinsam (Update)

Die Ratinger Firma DIRC Technologie hat begonnen, die Liegenschaften der Stadt Ratingen mit einer neuartigen Funk-Technik zu vernetzen.

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Von
  • Detlef Borchers

Die Ratinger Firma DIRC Technologie hat in einer ersten Ausbaustufe damit begonnen, die Liegenschaften der Stadt Ratingen mit einer Funk-basierten Infrastruktur zu versorgen, die Sprache und Daten auf neuartige Weise befördert.

Grundlage des drahtlosen Kommunikationsnetzwerkes sind so genannte DIRC-Stationen, die Basisstationen und Router in sich vereinen. DIRC, die Digital Inter Relay Communication ist eine Peer-Technik, bei der jede Station ein Relay für andere DIRC-Geräte im Umkreis von 5 Kilometern bildet. Mehrere DIRCs organisieren sich selbstständig zu einem nicht-hierarchischen, vermaschten Netz. Sie funken in der gegenwärtigen Form in den lizenzfreien Bereichen von 2,4 oder auch 5,4 GHz und liefern jedem Teilnehmer eine Bandbreite von 11 MBit/s brutto für Sprach- und Datenkommunikation. "Das System ist jedoch nicht auf eine bestimmte Funktechnik festgelegt", sagte Dr. Winrich Hoseit, Chief Executive Officer, gegenüber heise online. Es könnten auch Funkverfahren für den Punkt-zu-Multipunkt-Betrieb in lizenzpflichtigen Bändern eingesetzt werden.

Eine mit WLAN-Technik gemäß dem Verfahren 802.11b bestückte Version liefert eine Gesamtkapazität von 44 MBit/s je DIRC-Station. Davon sind 33 MBit/s für die Relay-Funktionen im DIRC-Netz reserviert, der "Rest" steht dem Teilnehmer zur Verfügung. Jede DIRC-Station kann gleichzeitig Verbindungen zu 105 anderen Stationen herstellen. Am "Ende" entsteht ein Netzwerk der kleinen, bis zu 2 Watt starken Sender, das zwar dynamisch wächst, aber zugleich fortlaufend lernt, wann und wo neue Netzknoten in Betrieb gehen. Entsprechend können DIRCs beim Verbindungsaufbau zwischen zwei "beliebigen" Teilnehmern im Netz automatisch die gerade günstigste Route wählen.

Deshalb soll das DIRC-Netz, eine Art praktizierter computergesteuerter Nachbarschaftshilfe, ohne aufwendige Steuertechnik und ohne Leitzentralen auskommen. DIRC-Ingenieure meinen, dass bis zu 1000 Stationen ein Telefongespräch weiterreichen können, ohne dass es an Qualität verliert.

In der ersten Ausbaustufe decken die DIRC-Stationen den Innenstadtbereich von Ratingen ab. Bis Ende August sollen insgesamt 100 Stationen installiert sein, die dann den gesamten Einzugsbereich von Ratingen abdecken (8800 Hektar mit rund 90.000 Einwohnern). Das DIRC-Netz wird von der Stadt Ratingen installiert und vor allem für innerbetriebliche Sprach- und Datenkommunikation genutzt, die Schnittstellen für den Übergang in andere Netze (Internet, Telefonnetz) liefern die Telefongesellschaften Isis und Arcor. Parallel zum Ratinger Netz entstehen zwei weitere Stadt-Netze auf der Basis von DIRC-Stationen in Gotha und Berlin. Bis zum Herbst sollen diese Netze in einer Testphase ihre Funktionstüchtigkeit beweisen, danach sollen sie auch für Privatkunden geöffnet werden. Die von der Firma Solectron produzierten DIRC-Stationen, deren Funktechnik von Philips geliefert wird, sollen dann von lokalen Versorgern für 20 Euro monatlich vermietet werden. In Ratingen können sich nach Auskunft der DIRC Technologie Privatkunden schon in bestimmten Gebieten als Testkunden einmieten.

Die Entwicklung von DIRC hat eine lange Vorgeschichte. Seit 1997 wird an der Entwicklung geforscht, immer wieder von Geldmangel unterbrochen. Fachleute sagten dem DIRC-Konzept schon früh eine umwälzende Wirkung auf die Kommunikationslandschaft voraus. Aber erst auf der CeBIT 2000 konnte eine erstes DIRC-Mini-Netz gezeigt werden. Danach wurde es wieder still um das Projekt. Inzwischen änderten sich die Bedingungen, auf die DIRC reagieren musste: Wireless LAN nach 802.11b erfuhr einen grossen Auftrieb. So sind die heutigen DIRC-Stationen auch als Hotspots in einem drahtlosen Netzwerk einsetzbar. (Detlef Borchers) (dz)