Machine Learning: Forscher entwickeln vorausahnendes Exoskelett aus Kohlefaser

Ein Exoskelett soll leicht sein und nur dann bei Bewegungen unterstützen, wenn es notwendig ist. Eine KI kann dazu die notwendigen Vorhersagen treffen.

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(Bild: RIKEN)

Lesezeit: 3 Min.

Ein Team aus Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des RIKEN Guardian Robot Projects haben zusammen mit Mitarbeitern ein Exoskelett aus Kohlefaser entwickelt, das mithilfe Künstlicher Intelligenz und Machine-Learning-Methoden die Bewegungsabsicht des Benutzenden vorausahnt und die dafür notwendige Bewegungsunterstützung liefert. In ersten Experimenten bestätigten die Wissenschaftler die Funktion ihres Exoskeletts bei verschiedenen Bewegungsmustern.

Menschen mit eingeschränkter Mobilität sind häufig nicht in der Lage, selbst genug Kraft aufzuwenden, um bestimmte Bewegungen durchzuführen. Exoskelette können hier Abhilfe schaffen, sind jedoch meist auch schwer und setzen mitunter nicht das um, was die Nutzerin oder der Nutzer eigentlich wollen. In solchen Fällen sind sie dann hinderlicher als hilfreich, begründen die Forscher rund um den Projektleiter Jun-ichiro Furukawa die Entwicklung eines leichtgewichtigen Exoskeletts aus Kohlefaser. In ihrem Paper "Selective Assist Strategy by Using Lightweight Carbon Frame Exoskeleton Robot", das im Fachmagazin IEEE Robotics and Automation Letters veröffentlicht ist, beschreiben die Forscher den grundsätzlichen Aufbau und die Funktionsweise.

Demnach bietet das Exoskelett ausschließlich Unterstützung für den Unterkörper, kann also beispielsweise beim Gehen und Aufstehen unterstützen. Dazu wird das aus Kohlefasermaterial bestehende und etwas mehr als 1,6 Kilogramm schwere Exoskelett an den Ober- und Unterschenkeln des Benutzenden geschnallt. Damit die Bewegungen nicht eingeschränkt werden, wenn die Aktuatoren inaktiv sind, griff das Team auf hochgradig rückwärtsgerichtete Aktuatoren zurück, schreiben die Forscher.

Um eine optimale Unterstützung für den Nutzenden zu gewährleisten, wollten die Forscher mithilfe Künstlicher Intelligenz vorhersagen, welche Bewegung ein Nutzer machen möchte, um so zu erkennen, ob etwa nur eine andere Sitzposition eingenommen wird oder die Absicht besteht, von einem Stuhl aufzustehen und damit eine Bewegungsunterstützung auszulösen. Dazu griff das Wissenschaftsteam auf die Methode des PU-Learning (positive unlabeled) zurück. Das Exoskelett lernt so, die Absichten des Benutzenden auf der Basis von Messdaten von Muskelaktivitäten richtig zu erkennen. Die PU-Klassifizierungsmethode kann positiv gekennzeichnete Daten, von denen die Maschine weiß, dass sie korrekt sind, mit nicht gekennzeichneten Daten kombinieren. Die KI lernt auch aus diesen Daten, die nicht alle gekennzeichnet sind, dazu.

Das Exoskelett soll nur beim Aufstehen unterstützen, bei anderen Bewegungen nicht.

(Bild: RIKEN)

In einem Experiment sollten verschiedene Nutzer unterschiedliche Bewegungen ausführen, die jeweils auf gleiche Weise anfangen: von einem Stuhl aufstehen, Beine übereinanderschlagen, sich nach vorne lehnen und sich auf dem Stuhl neu zu positionieren. Der KI gelang es nach einer Lernphase, die Bewegungsabsichten vorherzusagen. So unterstütze das System zwar beim Aufstehen, nicht aber etwa bei einer einfachen Veränderung der Sitzposition, geht aus den Experimenten der Forscher hervor.

Nach Angaben von Furukawa gelinge es dem Exoskelett durch die PU-Methode besser als herkömmlichen Systemen, die Bewegungsabsicht zu erkennen und entsprechend gezielt beim Aufstehen zu unterstützen und andere Bewegungen ohne Unterstützung zuzulassen. "Das Schlüsselelement unserer Forschung ist, dass es bei der Steuerung eines Exoskeletts zur Unterstützung menschlicher Bewegungen wichtig ist, es auf der Grundlage der Annahme zu entwickeln, dass Menschen sich auf eine Weise verhalten, die nicht in den Lerndaten enthalten ist."

(olb)