E-Book-Boom bereitet Kummer

Vor zwei Jahren ein Riesenhype, dann Krise, aber inzwischen hat sich das E-Book etabliert: Die Anzahl verfügbarer E-Books ist so hoch wie nie zuvor -- doch die meisten sind privat eingescannte Bücher, die zum Nulltarif im Internet kursieren.

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Von
  • Detlef Grell

Hin und Her im E-Book-Markt: Noch vor zwei Jahren haben E-Book-Enthusiasten das Ende des Papierbuchs ausgerufen. Stattdessen schlitterte die Branche zunächst mit in die Dotcom-Krise. Dank der zunehmenden Verbreitung von Mobilgeräten mit mehreren Millionen PDAs und Notebooks erfreuen sich E-Books aber inzwischen großer Beliebtheit: Statt vier dicker Wälzer im Koffer hat man nun 20 Bücher auf der Flashcard im Urlaub dabei und kann sie "mückenfrei" ohne Terrassenlicht auf dem hinterleuchteten PDA-Display goutieren.

Auf der Frankfurter Buchmesse (9. bis 14.10.2002) dürften die Verlage diese Entwicklung aber nicht nur bejubeln, sondern die große Menge der im Internet zirkulierenden Schwarzkopien beklagen. Dass Verlage unautorisierte Kopien von E-Books verhindern wollen, ist verständlich: Digitale 1:1-Kopien lassen sich -- anders als Fotokopien -- quasi zum Nulltarif und ohne Qualitätsverlust herstellen. Doch die Angst davor, dass E-Book-Kopierschutzlösungen geknackt werden könnten, treibt abstruse Blüten: So bringen die Verlage ihre Bestseller erst gar nicht elektronisch auf den Markt, und existierende E-Books sind kaum billiger als gedruckte Werke.

Jedoch haben die Verlage übersehen, dass niemand auf ihre elektronischen Vorlagen angewiesen ist, sondern man kann E-Books in Eigenregie direkt von den völlig ungeschützten Druckwerken erstellen. "Der illegalen Verbreitung im Internet hat die restriktive Haltung der Verlage wesentlich Vorschub geleistet," so Dr. Jürgen Rink, der den E-Book-Markt in der aktuellen Ausgabe 21/02 des Computer-Magazins c't analysiert. Zu Tausenden finden sich im Internet privat eingescannte E-Books im PDF-, HTML- oder Text-Format -- inklusive der Bestseller. Die Verbreitung dieser urheberrechtlich geschützten Texte ist ebenso wenig zulässig wie bei Musik, die Verlage erleben also gerade dasselbe Dilemma wie die Musikindustrie durch MP3. (gr)