Gespiegelte Website: Deutsche Welle in Russland wieder einfacher erreichbar

Reporter ohne Grenzen hat nach eigenen Angaben die russischsprachige Nachrichtenseite der Deutschen Welle "entsperrt". "Mirror-Sites" erschwerten eine Blockade.

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(Bild: Romolo Tavani/Shutterstock.com)

Lesezeit: 4 Min.

Die russischsprachige Nachrichten-Webseite der Deutschen Welle (DW) ist seit Ende vergangener Woche auch für Nutzer in Russland wieder einfacher zugänglich. Dies erklärte Reporter ohne Grenzen (RoG) unter Verweis auf weltweit verbreitete Mirror-Seiten der in Russland vom Kreml seit dem 4. März blockierten Domain. Mit der Aktion im Rahmen des Projekts "Collateral Freedom" lasse sich die staatliche Zensur geradezu mühelos umgehen.

Die zivilgesellschaftliche Medienorganisation umgeht die Sperre nach eigenen Angaben, indem sie eine exakte Kopie beziehungsweise "Mirror Site" der Deutschen Welle erstelle. Diese werde auf internationalen Servern über Content Delivery Networks (CDNs) platziert. Dabei handelt es sich um geografisch verteilte Servernetzwerke, die Kopien von Online-Inhalten wie Video- und Audiodateien möglichst nah an den Endnutzer heranbringen. CDNs hosten auch viele andere Dienste und können nicht so einfach zensiert werden.

"Wenn autoritäre Regierungen CDNs, die die Spiegelseiten hosten, direkt angreifen, entstehen ihnen selbst Nachteile", heißt es bei RoG: "Sie blockieren dadurch auch ihren eigenen Zugang zu allen anderen von CDNs bereitgestellten Diensten. Der drohende Kollateralschaden hält die Regime von diesem nächsten drastischen Schritt ab."

Ausländische Online-Medien seien neben unabhängigen russischen Medien "unverzichtbar", begründete Christian Mihr, Geschäftsführer von RoG Deutschland, den Schritt. "Da sie dem Druck entgehen können, dem russische Medienschaffende ausgesetzt sind, spielen sie bei der Verbreitung von unabhängigen Nachrichten in Russland, insbesondere online, eine wichtige strategische Rolle."

Vor der Sperrung war die russischsprachige DW-Seite mit durchschnittlich 4,4 Millionen Besuchern pro Monat eines der beliebtesten News-Angebote. Etwa zwei Millionen aller monatlichen Zugriffe kamen aus Russland. Um den Zugang zur Deutschen Welle wieder zu ermöglichen, wandte RoG die gleiche Methode an wie vor knapp zwei Wochen für die "Freigabe" von Meduza. Dabei handelt es sich um die aus dem baltischen Exil betriebene beliebteste unabhängige russische Nachrichtenseite, die Moskau ebenfalls auf die Schwarze Liste gesetzt hatte.

Das Fachjournal Caucasian Knot hat die Organisation ebenfalls unter den Schutz von "Collateral Freedom" gestellt. Auch andere zensierte Medien können sich bei ihr melden, damit Spiegelseiten eingerichtet werden.

Der russische Staat hatte die DW bereits vor dem Einmarsch seiner Truppen in die Ukraine im Visier. So mussten die russischen DW-Büros bereits schließen, nachdem die Behörden den deutschen Sender am 3. Februar auf die Liste der "ausländischen Agenten" gesetzt hatten. Dies dürfte als Vergeltung dafür erfolgt sein, dass es die hiesige Aufsicht zuvor dem russischen Auslandssender RT DE (Russia Today) ein Sendeverbot erteilt hatte, weil eine medienrechtlichen Zulassung und damit eine Sendelizenz für Deutschland fehlt.

Die Deutsche Welle verlegte ihre russischsprachige Redaktion in die lettische Hauptstadt Riga. Die Reporter arbeiten von dort aus weiter. Über einen geschützten Nachrichtenaustausch besteht laut einem Sprecher auch Kontakt zu russischen Journalisten, die Informationen an ihre Kollegen weiterschicken. Intendant Peter Limbourg hatte sich am 4. März an die "Freunde der DW in Russland" gewandt und beteuert: "Wir sind kein Regierungssender!". Er bat die von der Blockade Betroffenen, möglichst "Mittel der Internet-Blockadeumgehung zu benutzen, um unsere Programme zu erreichen".

Die DW verfügt laut RoG über Erfahrung mit Internetzensur. Der Sender setze etwa auf die freie Software Psiphon, um Sperren zu umgehen. Er biete zudem einen eigenen Onion-Service an. Dieser ermögliche es, die DW-Website über den Tor-Browser anonym zu besuchen. Einen Überblick über einschlägige Empfehlungen, etwa auch zum Einsatz von Virtual Private Networks (VPN), gibt der Sender im Netz.

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