UK will Atomkraft ausbauen und zum "Saudi-Arabien der Windkraft" werden

Der britische Premierminister Boris Johnson hat seine Energieversorgungspläne vorgestellt. Dabei geht es vor allem darum, von Russland unabhängig zu werden.

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AKW Hinkley Point C, wie es einmal aussehen soll.

(Bild: gov.uk)

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Energie gilt neuerdings nicht nur in Deutschland als wichtiger Faktor für die nationale Sicherheit, auch in Großbritannien wird das Thema aus diesem Winkel nun stärker beleuchtet. Dementsprechend hat der britische Premierminister Boris Johnson jetzt ein Papier mit dem Titel "British energy security strategy" vorgelegt. Darin befindet sich ein Zehn-Punkte-Plan für mehr Autarkie in der Energieversorgung, um mithilfe von Atom- und Windkraft insbesondere von Russland unabhängig zu werden.

"Als sich die Weltwirtschaft nach der Pandemie wieder erholte, hat der plötzliche Anstieg der Nachfrage zu einem massiven Anstieg der Nachfrage nach Öl und Gas geführt, die Preise für diese Rohstoffe sind dramatisch gestiegen", erläutert Johnson (PDF). Durch Russlands "abscheuliche und illegale Invasion in die Ukraine" sei die Situation verschärft worden.

Da Großbritannien Teil eines globalen Marktes sei, werde der Gaspreis international festgelegt. Das habe der russische Präsident Wladimir Putin eingesetzt, indem er die Versorgung mit russischem Gas auf dem europäischen Markt eingeschränkt und die Preise weiter in die Höhe getrieben habe, meint Johnson. Zudem würden sich Sanktionen, die das Vereinigte Königreich und seine Verbündeten verhängt haben, unweigerlich nachteilig auf alle Volkswirtschaften auswirken.

Den Plan, die Atomkraft in Großbritannien auszubauen, hatte Johnson im März nach einem Treffen mit Vertretern aus der Branche bereits angedeutet, nun hat er ihn konkretisiert: Damit der Anteil der Atomkraft am britischen Strommix von derzeit 15 auf 25 Prozent im Jahr 2050 ansteigt, sollen in Großbritannien acht neue Atomreaktoren entstehen. Insgesamt sollen 24 GW Strom aus ihnen erzeugt werden. Hier verweist Johnson darauf, dass fünf von den derzeit sechs bestehenden Anlagen innerhalb dieses Jahrzehnts abgeschaltet werden sollen und momentan mit Hinkley Point C nur ein Projekt im Bau sei. Die dortigen zwei geplanten Druckwasserreaktoren sollten eigentlich schon 2017 ans Netz gehen, nun heißt es, 2026 und 2027 werde es so weit sein.

Johnson bezichtigt vorige britische Regierungen, den Ausbau der Atomkraft vernachlässigt zu haben. So sei Großbritannien weit hinter Frankreich gefallen, das nun neunmal mehr Atomkraftkapazitäten habe. Dabei werde mit Atomkraft 100-mal mehr Strom erzeugt als mit einem Solarstandort gleicher Größe, nukleare Energie sei auch wichtig, um die Grundlast abzusichern. Daher solle Großbritannien einer der "besten Orte der Welt werden, um in Kernenergie zu investieren". Dazu zählt Johnson auch kleine modulare Reaktoren (SMR), in deren Entwicklung die Regierung 210 Millionen Pfund stecken will. Insgesamt soll das Atomprojekt 1,7 Milliarden Pfund (2 Milliarden Euro) verschlingen.

Fördern will die britische Regierung auch den Ausbau der Solarkraft, die dort momentan 14 GW Strom aus privaten und anderen Anlagen ausmacht. Auf 50 GW Kapazität will Johnson die Offshore-Windkraft bis zum Jahr 2030 ausbauen, bisher werden auf See vor den britischen Küsten 11 GW damit erzeugt. In Deutschland sind es bisher knapp 8 GW, bis 2030 sollen es 20 GW werden. An Land werden in Großbritannien momentan 14 GW Strom mit Windkraft produziert, besonders in Schottland sollen neue Projekte entstehen. Johnson fasst den Punkt so zusammen: "Wir werden zum Saudi-Arabien der Windkraft werden." Genauer drückt es Johnson nicht aus, er spielt vermutlich darauf an, dass Saudi-Arabien weltweit der größte Erdöl-Exporteur ist.

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Wenn eine möglichst CO₂-freie Erzeugung größerer Mengen Wasserstoffs gewährleistet ist, sollen in Großbritannien bis zu 20 Prozent Wasserstoff in das Erdgasnetz gemischt werden. Daher soll die Produktion grünen Wasserstoffs bis 2030 auf 10 GW verdoppelt werden. Momentan wird noch die Hälfte des britischen Gasbedarfs durch inländische Lieferungen gedeckt. Um kurzfristig unabhängiger von Importen zu werden, sollen die Reserven in der Nordsee voll ausgeschöpft und die dann leeren Kavernen für die Speicherung von CO₂ genutzt werden.

(anw)