Spielen verboten: Berliner Polizei schließt Internet-Cafés

Harte Zeiten für Internet-Cafés in Berlin: Der dortigen Polizei sind solche Etablissements ein Dorn im Auge, in denen die Besucher ihre Zeit mit profanen Spielen statt mit hehrer Netzrecherche verbringen.

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  • Dr. Andreas Lober

Harte Zeiten für Internet-Cafés in Berlin: Der dortigen Polizei sind solche Etablissements ein Dorn im Auge, in denen die Besucher ihre Zeit mit profanen Spielen statt mit hehrer Netzrecherche verbringen. Allein in der vergangenen Woche wurden mindestens drei Internet-Cafés überprüft. Eines wurde geschlossen, gegen ein weiteres läuft ein Bußgeldverfahren, nur eines kam ohne Beanstandung davon.

Am Donnerstag, den 25. Juli wurde ein Ordnungswidrigkeitenverfahren und ein Untersagungsverfahren gegen ein Internet-Café in der Baumschulenstraße eingeleitet, in einem weiteren Café in der Schnellerstraße wurden keine Verstöße festgestellt. Bei den Untersuchungen waren 30 Mann im Einsatz. Bereits einen Tag später kontrollieren Polizeibeamte und Mitarbeiter des Gewerbe- und Jugendamtes ein Café in der Machnower Straße. Das betroffene Café wurde geschlossen und versiegelt.

Der Hauptvorwurf gegen die beiden beanstanden Cafés lautet, das in solchen Internet-Cafés, in denen mehrere Computer zu lokalen Netzwerken zusammengeschlossen sind und in denen überwiegend die Teilnahme an Computerspielen angeboten wird, eher von einem Spielhallenbetrieb und kommerzieller Nutzung von Unterhaltungsspielen auszugehen sei als vom Betreiben eines Internet-Cafés, erklärte die Berliner Polizei.

Damit ist ein Verstoß gegen das Gesetz zum Schutze der Jugend in der Öffentlichkeit (JÖSchG) angesprochen. Nach diesem Gesetz darf Kindern und Jugendlichen die Anwesenheit in öffentlichen Spielhallen oder ähnlichen "vorwiegend dem Spielbetrieb dienenden Räumen" nicht gestatt werden. Ebenso darf das kostenpflichtige Spielen an "elektronischen Bildschirmen-Unterhaltungsspielgeräten ohne Gewinnmöglichkeit" Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren ohne Begleitung eines Erziehungsberechtigten nicht gestattet werden (§ 8 Abs. 1 und 4 JÖSchG).

Die Berliner Ordnungsbehörden wagen also eine sehr weitgehende Interpretation der Jugendschutz-Vorschriften: Soweit nicht in den beanstandeten Cafés "vorwiegend" gespielt wurde, liegt ein Verstoß gegen das JÖSchG nur dann vor, wenn man Computer als "elektronische Bildschirm-Unterhaltungsspielgeräte" wertet. Eine solche Interpretation ist vor allem deshalb zweifelhaft, weil ein Verstoß gegen § 8 JÖSchG mit Bußgeld beziehungsweise Strafe belegt ist und im Strafrecht der Wortlaut einer Vorschrift die äußerste Grenze für deren Interpretation darstellt. Der Grundsatz, dass keine Strafe ohne klar verständliches und geschriebenes Gesetz verhängt werden darf, ist ein wesentlicher rechtsstaatlicher und in der Verfassung verankerter Grundsatz.

Obwohl man durchaus vertreten kann, dass die Gefährdung Jugendlicher durch überwiegend für Spiele genutzte PCs sich nicht wesentlich von der durch reine Spielhallengeräte unterscheidet, wird man doch einen von der Hardware her universell einsetzbaren Personal-Computer kaum unter den Begriff "elektronische Bildschirm-Unterhaltungsspielgeräte" fassen können. Darüber hinaus bemängeln die Berliner Behörden einen Verstoß gegen das Gewerberecht, weil der Spielbetrieb nicht von der Anmeldung als Internet-Café umfasst sei. Aus demselben Grund wird von den Finanzämtern geprüft, ob auf Grund der neu gewonnenen Erkenntnisse eine Nachbesteuerung erfolgt.

Während die Verstöße gegen § 8 JÖSchG und das Gewerberecht allein mit dem Bestehen eines Spielbetriebs begründet werden, ohne dass es hierbei darauf ankommt, ob die gespielten Titel jugendgefährdend sind, wird insbesondere dem Internet-Café in der Machnower Straße vorgeworfen, dass 17 Kinder und Jugendliche zwischen 12 und 16 Jahren "unter anderem Counter-Strike mit Altersfreigaben von 16 beziehungsweise. 18 Jahren spielten". Allein 10 Kinder im Alter von 12 bis 13 Jahren hätten gegeneinander eine von der USK erst ab 16 Jahren freigegebene Counter-Strike-Version gespielt. Dieser Vorwurf ist deshalb nicht unproblematisch, weil die Empfehlungen der USK unverbindlich sind und das -- eine verbindliche Altersfreigabe vorsehende -- neue Jugendschutzgesetz noch nicht in Kraft getreten ist. Verbindlich ist derzeit nur eine Entscheidung der Bundesprüfstelle, ein Spiel auf die Liste als jugendgefährdendes Medium zu setzen. Solchermaßen indizierte Spiele dürfen in Internet-Cafés jedenfalls nicht angeboten werden. Ob aber eine Missachtung der USK-Empfehlung als Verstoß gegen die öffentliche Sicherheit geahndet werden kann, ist höchst zweifelhaft, da wohl davon auszugehen ist, dass die derzeit geltenden gesetzlichen Bestimmungen, die der Bundesprüfstelle das alleinige Recht zugestehen, über eine Jugendgefährdung zu entscheiden, abschließend sind.

Das Polizeipräsidium in Berlin bestätigte gegenüber heise online, dass es sich bei den Überprüfungen um Teil einer konzertierten Aktion handelt, durch die in Berlin dem angeblichen Unwesen, dass in manchen Internet-Cafés überwiegend gespielt wird, Einhalt geboten werden soll. Damit scheint sich die Tendenz zu bestätigen, Internet-Cafés stärker in die Verantwortung zu nehmen: In einem Beitrag in Ausgabe 5/2002 der juristischen Fachzeitschrift "Multimedia und Recht" (MMR) vertreten die Autoren, dass die Betreiber von Internet-Cafés dafür verantwortlich seien, Minderjährigen den Zugang zu jugendgefährdenden Inhalten zu verwehren. Der Aufsatz steht allerdings im Widerspruch zu einem Bescheid der Staatsanwaltschaft beim Landgericht München I, der gerade nicht von einer solchen Verantwortlichkeit ausgeht. (Dr. Andreas Lober) / (jk)