Gesetz gegen 0190-Abzocke kommt doch

Gestern hat sich der Wirtschaftsausschuss im Bundesrat doch noch dazu durchgerungen, die Telekommunikations-Kundenschutzverordnung jetzt schon zu verabschieden.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 416 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Christiane Schulzki-Haddouti

Gestern hat sich der Wirtschaftsausschuss im Bundesrat doch noch dazu durchgerungen, die Telekommunikations-Kundenschutzverordnung jetzt schon zu verabschieden. Ursprünglich sollte die Verabschiedung auf September verschoben werden. Nun konnten sich die Länder auf zwei Kompromisse einigen, wie die nordrhein-westfälische Verbraucherministerin Bärbel Höhn heute auf dem Kongress "Telekommunikation und Datenschutz" in Bonn mitteilte.

Die Telekom und andere Netzbetreiber müssen Kunden Auskunft über Anbieter von 0190er-Nummern geben. Damit wird die bisherige Anonymität der Dienstleister aufgehoben. Außerdem sollen Betreiber die 0190er-Nummern bei Missbrauch sperren können. Bislang war dies nur schwer möglich. Hans-Willi Hefekäuser, Leiter des Zentralbereichs Ordnungs- und Wettbewerbspolitik der Deutschen Telekom AG, berichtete, dass die Telekom bereits einige Prozesse verloren hat. So hatte sie die 0190er-Nummer eines Sex-Anbieters aus den niederländischen Antillen sperren lassen und musste deshalb Schadensersatz leisten.

Nicht durchsetzen konnte sich Nordrhein-Westfalen mit dem Vorschlag, ein Widerspruchsrecht des Kunden gesetzlich zu regeln. Auch können keine Ersatzansprüche durchgesetzt werden. Ebenfalls scheiterte im Wirtschaftsausschuss die Forderung nach mehr Preistransparenz. Bärbel Höhn sagte heise online, dass der schwache Kompromiss auf das Lobbying der Telekom und anderer Netzbetreiber zurückgehe. Verbraucher hätten im Wirtschaftsausschuss leider noch keine Lobby. Dennoch habe man jetzt mit dem erreichten Kompromiss "lieber den Spatz in der Hand, als die Taube auf dem Dach".

Karl-Heinz Schaffartzik, Vorstand der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, begrüßte es, dass so schnell ein Kompromiss gefunden werden konnte. Der Verzicht auf das Widerspruchsrecht sei allerdings ein "harter Brocken". Außerdem forderte er ein maximales Entgeltlimit. Verbraucher hatten sich bei der Verbraucherzentrale über einmalige Einwahlentgelte von bis zu 300 Euro beschwert. Auch seien ihr Fälle bekannt, in denen 0190-Einwählprogramme Schäden im fünfstelligen Eurobereich verursacht hätten.

Schaffartzik forderte, künftig die Bonner Regulierungsbehörde (RegTP) stärker in Verantwortung zu nehmen. Sie sollte Sanktionen bis zur Sperre durchführen können. Auch Telekom-Mann Hefekäuser sagte, dass die RegTP "mehr beitragen könnte als bisher". So habe die Telekom die RegTP bislang vergeblich darauf hin gewiesen, dass Auskunftsrufnummern als Sexhotlines missbraucht wurden.

Hans-Willi Hefekäuser wies zudem darauf hin, dass für die Abstimmung unter den Betreibern für die Regelung des 0190er Problems eine kartellrechtliche Anerkennung noch ausstehe. Außerdem wies er darauf hin, dass die Deutsche Telekom jeden einzelnen Anbieter auf Bonität sowie Seriosität des Geschäftsmodells bei der Anmeldung überprüfe. Danach unternehme die Telekom stichprobenartige Anrufe, um festzustellen, ob die Angaben korrekt sind und ob zu Beginn des Gesprächs auf die Kosten hingewiesen werde. Gegebenenfalls würden Anbieter abgemahnt und gekündigt.

Immerhin 40 Prozent der Anträge würde die Zuteilung einer 0190er-Nummer aufgrund der Vorprüfung untersagt, weil sie einen unzureichenden Jugendschutz gewährleisten, unzulässige Inhalte anbieten oder ein unseriöses Geschäftsmodell betreiben. Thomas Hagen von der Kieler Verbraucherzentrale schätzt übrigens, dass "über 50 Prozent aller 0190er-Betreiber unseriös sind". (Christiane Schulzki-Haddouti) / (anw)