Marktforscher: Tauschbörsen nicht Schuld an Krise der Musikindustrie

Musik-Dowloads über das Internet seien ein Mittel, die Krise der Branche zu kurieren, meinen Marktforscher -- wenn die Musikbranche die Rechte der Kunden beachte.

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Von
  • Jürgen Kuri

Die Musiktauschbörsen im Internet sind nach Ansicht des Marktforschungsinstituts Forrester Research nicht Schuld an den Umsatzeinbrüchen, die die Musikindustrie zu verzeichnen hat. Im Gegenteil: Die Musik-Dowloads über das Internet seien ein Mittel, die Krise der Branche zu kurieren -- denn bis 2007 würden die Umsätze mit kostenpflichtigen Online-Musikdiensten die Grenze von 2 Milliarden US-Dollar durchbrechen. Die Musikindustrie macht dagegen neben CD-Raubkopiererei immer wieder die Online-Tauschbörsen mit Angeboten von illegalen Kopien für den Rückgang der Umsätze mit Musik verantwortlich.

Die Behauptung der Musikindustrie, der Umsatzrückgang von 15 Prozent in den letzten zwei Jahren sei auf den illegalen Tausch im Internet zurückzuführen, habe in einer Untersuchung nicht bestätigt werden können, betonten jedoch die Marktforscher: "Es besteht kein Zweifel, dass die Zeiten für die Musikindustrie sehr schwer sind, aber der Grund dafür liegt nicht in der Möglichkeit, Musikstücke online herunterzuladen", sagte Forrester-Analyst Josh Bernoff. Eine Befragung unter 1000 Online-Konsumenten in den USA habe keinerlei Anhaltspunkte dafür geliefert, dass Kunden, die häufig digitale Musikangebote nutzten, weniger CDs kaufen würden. Eine ganze Reihe anderer Ursachen sei für die Umsatzeinbußen verantwortlich, darunter zum Beispiel die allgemeine wirtschaftliche Rezession sowie die Konkurrenz durch Video-Spiele und DVDs.

Die Labels würden bald erkennen, dass es einige einfache Wege gebe, die "anspruchsvollen Konsumenten digitaler Musik" zufrieden zu stellen. Und die Maßnahmen, die die Marktforscher der Branche empfehlen, erscheinen auf den ersten Blick tatsächlich banal -- werden aber bislang von dem meisten kommerziellen Musikangeboten im Internet missachtet. Zuallererst nämlich forderten die Verbraucher, Musik von allen Labels in den Internet-Angeboten finden zu können, nicht nur von zwei oder drei, die gerade mehr oder weniger zufällig bei einem kommerziellen Dienst kooperierten, meinen die Analysten von Forrester. Auch wollten die Kunden beispielsweise die Kontrolle über die Musik, die sie kaufen, behalten -- wollen sie also auch auf CD brennen und auf einen tragbaren Player übertragen.

Forrester hält diese Kriterien für so wichtig, dass die Marktforscher sich sogar dazu versteigen, diese Anforderungen an Bezahldienste für Online-Musik als Music Bill of Rights (Musik-Grundrechte) zu bezeichnen. Bis zum Jahr 2005 würden die Labels daran scheitern, mit Online-Musik oder Internet-Downloads Geld zu verdienen -- weil sie die Music Bill of Rights nicht beachteten. Erst 2005 werde der kostenpflichtige Download von Musik zum ernsthaften Wirtschaftsfaktor -- da dann auch bei den Labels die Einsicht einkehre, die angeboten Stücke nicht rigidem Digital Rights Management zu unterwerfen und zudem Möglichkeiten geschaffen würden, jede beliebige Musik von jedem beliebigen Label einfach zu finden und zu kaufen. Ob allerdings auch die inhaltliche Qualität der Angebote, wie sie die Majors der Musikbranche wieder einmal auf der Popkomm präsentieren werden, für den prognostizierten Boom der Internet-Musik ausreicht, darüber ließen sich die Marktforscher nicht weiter aus. (jk)