Telekom-Chef Sihler bekommt zunehmend Gegenwind

Übergangschef Helmut Sihler legt dem Telekom-Aufsichtsrat kommende Woche erste Ergebnisse der strategischen Überlegungen des Bonner Konzerns vor. Die Gewerkschaft hat bereits heftigen Widerstand angekündigt.

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Von
  • Volker Danisch
  • dpa

Showdown in Bonn. Wenn der Telekom-Aufsichtsrat in der nächsten Woche zu einer Sondersitzung zusammen kommt, sollen Nägel mit Köpfen gemacht werden. Übergangschef Helmut Sihler legt dem Kontrollgremium erste Ergebnisse der strategischen Überlegungen des Bonner Konzerns vor. Im Klartext heißt das: Sparen. "Der Schuldenberg von 64 Milliarden Euro muss deutlich abgebaut werden, wenn wir unsere Handlungsfreiheit wiedergewinnen wollen", schrieb Sihler in dieser Woche an die Telekom-Mitarbeiter. Zu dem Sparkurs der Telekom gibt es nach seinen Worten keine Alternative, es sei denn, "es würden noch weit drastischere Maßnahmen ergriffen".

Die Arbeitnehmervertreter sehen das anders. Mit dem Abbau von konzernweit 50.000 Arbeitsplätzen bis 2005 sollten die Beschäftigen für jahrelange Managementfehler zahlen, sagen sie. Zum Auftakt von bundesweiten Protestaktionen kündigten Gewerkschafter am Mittwoch in Düsseldorf heftigen Widerstand gegen massive Stellenstreichungen an. DGB-Chef Michael Sommer, der im Aufsichtsrat der Deutschen Telekom AG sitzt, will die Bundesregierung als Großaktionär in die Pflicht nehmen. Das Versprechen, mehr Beschäftigung zu schaffen, und massiver Abbau bei einem halbstaatlichen Konzern passten nicht zusammen. "Die Prophezeiung, die lähmt auch die ganze Firma", betont der DGB-Chef.

Als Mann der "Grausamkeiten" gilt Helmut Sihler. Der 72-jährige sprang Mitte Juli beherzt ein, als Ron Sommer nach wochenlangem Tauziehen sein Amt als Vorstandsvorsitzender der Telekom niederlegte. Das langjährige Aufsichtsratsmitglied stellte bei der Telekom alles auf den Prüfstand, "heilige Kühe" sollte es bei den Sparüberlegungen nicht geben. Mit dem Stellenabbau sei ein Tabuthema angepackt worden, meinen Aktionärsschützer. Sihler übernehme die Rolle des Buhmanns, damit der künftige Vorstandschef unbelastet sein Amt antreten könne. Wenn sich am kommenden Mittwoch Telekom-Mitarbeiter aus allen Teilen der Bundesrepublik zu einer Protestaktion gegen den Stellenabbau vor der Konzernzentrale versammeln, ist Sihler gerade 120 Tage im Amt.

Aufsichtsratschef Hans-Dietrich Winkhaus befürchtet nicht, dass der Konflikt um den Stellenabbau die Kür des neuen Vorstandschefs blockieren wird. "Das sind zwei ganz unabhängig voneinander zu behandelnde Themen", sagte Winkhaus der dpa. Das sehen die Vertreter auf der Arbeitnehmerbank nicht ganz so. "Wir werden dann schon in den Vorstellungsgesprächen sehr hart nachfragen", meint der DGB-Chef. Der Kandidat müsse auch in der Frage des Personalabbaus Farbe bekennen. Im Bewerberkreis für den Vorstandsvorsitz sehen Gewerkschafter aber durchaus auch Manager, auf die sich der Aufsichtsrat am 14. November einigen könnte. Bisher seien noch externe und interne Bewerber auf der Liste. Wer ganz oben steht, soll in den nächsten Tagen klar sein.

Bei den strategischen Überlegungen zeichnet sich ab, dass die vier Telekom-Säulen Festnetz, Mobilfunk, Internet und Systemhaus stehen bleiben sollen. Unternehmenskenner rechnen damit, dass für die US-Mobilfunktochter VoiceStream ein starker Partner ins Boot geholt wird, möglicherweise auch für T-Online. Ob die Aktionäre weitere Opfer bringen sollen, ist noch unklar. Durch das Streichen der Dividende würde die Telekom einen Milliarden-Betrag sparen. In dem Fall müsste aber auch die im Aufsichtsrat vertretene Bundesregierung bereit sein, Verzicht zu üben. Beim Stellenabbau wollen die Gewerkschaften einen langen Atem beweisen. Bei den Tarifverhandlungen für Telekom-Töchter wie T-Mobile wären grundsätzlich auch Arbeitskampfmaßnahmen möglich. (Volker Danisch, dpa) / (anw)