Hintergrund: Sendos Rückzug und Microsofts Schweigen

Das Z100-Handy ist laut Hersteller fertig. Dennoch kommt das Smartphone mit dem "Windows-Powered"-Logo nicht auf den Markt.

vorlesen Druckansicht 201 Kommentare lesen
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Dusan Zivadinovic

"Mit dem Z100 gab es keine Probleme. Das Handy ist fertig und könnte wie geplant an eine Reihe von Netzbetreibern in England, Italien, Spanien, Hong-Kong und USA gehen, darunter Cingular Wireless und T-Mobile UK", sagt Mirko Lange, Sprecher des britischen Handy-Herstellers Sendo. Das britische Unternehmen hat heute sehr überraschend gemeldet, es wolle sein Z100-Smartphone (siehe Testbericht in der aktuellen c't) nicht auf den Markt bringen.

Gründe für den drastischen Schritt wolle die Firma nicht nennen, so Lange im Gespräch mit heise online. Auch das Verhältnis zu Microsoft, Hersteller des im Z100 eingesetzten Handy-Betriebssytems Smartphone 2002, wolle Sendo nicht kommentieren. Die weitere Zusammenarbeit mit den Netzbetreibern, mit denen Lieferabkommen bestünden, sehe man trotz des Rückziehers nicht gefährdet.

Redseliger gibt sich Sendo in Bezug auf die Zukunft. Gleichzeitig mit Ende des Smartphone-2002-Engagements habe man sich für das Konkurrenzprodukt von Nokia entschieden und das Betriebssystem Series 60 lizenziert, das auf Symbian gründet. Bereits im Frühherbst, so Hugh Brogan, Chief Executive Officer von Sendo, habe man die eigene Smartphone-Strategie geprüft und nun die Konsequenzen gezogen. Series 60 nutze offene Standards wie MMS und Java, die Plattform sei robust und flexibel, und man habe den Source-Code erhalten, betont Brogan, sodass man eigene Vorstellungen leichter verwirklichen könne.

Gleichwohl, das erste Sendo-Smartphone, das wirklich auf den Markt kommen soll, braucht den Plänen zufolge mindestens sechs bis sieben Monate. Eine lange Durststrecke, zumal Sendo in den letzten sechs Monaten alle übrigen Handy-Projekte zugunsten des nun jäh gestoppten Z100 ruhen ließ.

Microsoft, der Hersteller des Smartphone-2002-OS, hält pikanterweise zehn Prozent Anteile an Sendo. Warum trotz der Beteiligung die bisherige enge Zusammenarbeit geplatzt ist, war auch aus dieser Richtung nicht zu erfahren. Man warte auf Signale aus England, ließ die hiesige Pressevertretung wissen.

Marktbeobachter bewerten die Hinwendung von Sendo zu Nokia als einen Schlag für Microsoft. Eden Zoller und Jessica Figueras, Analysten beim Marktforschungsunternehmen Ovum, meinen, "Microsofts Lizenzbedingungen haben nicht genügt, um jene tiefgehenden Anpassungen an der Handy-Betriebssoftware zu erlauben, die sich Netzbetreiber von Handy-Herstellern wünschen". Wenn Sendo die zunehmenden Anforderungen der Netzbetreiber nicht erfüllen könne, dann sei nur noch eine Differenzierung über den Preis gegenüber dem Mitbewerb möglich. Nun, so die Analysten weiter, blieben Microsoft nur noch die asiatischen Partner, um gegenüber Netzbetreibern die Möglichkeiten seines Handy-Betriebssystems zu demonstrieren.

Womöglich war Sendo aber auch enttäuscht über ein allzu enges Verhältnis der Redmonder zu den taiwanischen No-Name-Hersteller HTC. Der gibt sein Debüt als Handy-Fabrikant mit dem SPV-Handy, das nun mit dem Label des britisch-französischen Netzbetreibers Orange auf den Markt kommt. Diesen Deal hat Microsoft mit eingefädelt.

Handy-Marktführer Nokia hat mit dem Umschwenken von Sendo im beginnenden Krieg um den Handy-Markt etwas Boden gewonnen. Die finnische Firma dominiert den Smartphone-Bereich mit 60 Prozent Anteil und hat mit Samsung, Siemens und Matsushita (Panasonic) gewichtige Mitstreiter für ihr Symbian-basiertes Smartphone-Betriebssystem Series 60. Für Microsoft beginnt der Eintritt in den Handymarkt zwar mit einer Schlappe doch die nächste Runde im Gerangel um die Vorherrschafft, scheint bereits eingeläutet: Der Elektronik-Riese Samsung hat nicht nur eine Series-60-Lizenz, sondern auch eine für Smartphone 2002. (dz)