Abmahnungen für Handy-Händler

Im Auftrag des Berliner Unternehmens EMI-tec verlangt Rechtsanwalt Günter Freiherr von Gravenreuth von Mobilfunk-Händlern, das Mobiltelefon T66 von Sony-Ericsson wegen einer Patentrechtsverletzung nicht mehr zu vertreiben.

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Von
  • Holger Bleich

Bei vielen deutschen Handy-Händlern flatterte am vergangenen Freitag eine Abmahnung des Anwalts Günter Freiherr von Gravenreuth ins Haus: Im Auftrag des Berliner Unternehmens EMI-tec verlangt er von den Händlern per Unterlassungserklärung unter anderem, das Mobiltelefon T66 von Sony-Ericsson nicht mehr zu vertreiben. Außerdem sollen die Betroffenen 1602,12 Euro für die Abmahnung an den Anwalt entrichten.

Hintergrund: Die Firma EMI-tec ist Inhaberin eines umstrittenen Patents, das eine Methode beschreibt, wie Gehäuse trotz vielfachen Öffnens ihre elektromagnetische Abschirmung bewahren können. Sie wirft Sony-Ericsson vor, bei der Konstruktion des T66-Gehäuses diese Methode angewendet zu haben. EMI-tec hat das entsprechende Patent "DE 43 19 965" 1993 angemeldet. Wie auch von Gravenreuth in seiner Abmahnung angibt, wurden insgesamt 14 Einsprüche eingelegt, sodass es zu einem Streit vor dem Bundespatentgericht kam und am 14. September 2000 eine geänderte Patentschrift veröffentlicht wurde.

Vor einigen Wochen hatte von Gravenreuth bereits Vodafone per Abmahnung zur Abgabe einer entsprechenden Unterlassungserklärung aufgefordert. Wie Vodafone-Sprecherin Susanne Satzer-Spree bestätigte, kam das Unternehmen dieser Aufforderung nicht nach. Mittlerweile hat von Gravenreuth im Auftrag von EMI-tec Klage gegen Vodafone eingereicht. heise online liegen drei der am 8. November zugestellten Abmahnungen vor, die bis auf die Empfängerdaten identischen Wortlaut haben. Die Frist zur Abgabe der beigefügten Unterlassungserklärung läuft am kommenden Freitag, den 15. November, ab. Ein Händler, der EMI-tec um Fristverlängerung bat, sagte, er wurde mit diesem Anliegen barsch abgewiesen.

Die Händler sind nun ratlos. Sie wussten nicht, dass ein von ihnen vertriebenes Produkt offenbar ein deutsches Patent verletzt. Dennoch können sie gemäß der so genannten "verschuldensunabhängigen Unterlassungspflicht" durchaus als Mitstörer der Rechtsverletzung betrachtet werden. In der Unterlassungs- und Auskunftserklärung sollen sie sich verpflichten, EMI-tec "sämtlichen Schaden zu ersetzen", der durch den Vetrieb des Handys in der Vergangenheit entstanden ist. Außerdem rät von Gravenreuth ihnen, "dass Sie auch hinsichtlich der weiteren Handy-Typen aus ihrem Vertriebssortiment bei Ihren Vorlieferanten nachfragen, ob auch diese Merkmale der Schutzrechte aufweisen". Die Händler haben allerdings später die Möglichkeit, eventuell entstandene Kosten bei ihrem Vorlieferanten einzufordern. So kann die Verantwortung für den entstandenen Schaden über die Wiederverkäufer schließlich bei Sony-Ericsson landen.

Gegenüber heise online gab die Firmensprecherin Myriam Hoffmann an, dass Sony-Ericsson wegen der Sache schon längere Zeit in Verhandlungen mit EMI-tec stehe: "Wir wollen da eine Einigung erzielen", sagte sie. Daher kamen die Abmahnungen jetzt auch für Sony-Ericsson überraschend, zumal das entsprechende Gerät längst nicht mehr produziert, sondern nur noch abverkauft würde. Mittlerweile überprüft nach Informationen von heise online die Patentrechtsabteilung im schwedischen Lund die Ansprüche von EMI-tec gegenüber den Händlern. Dort will man versuchen, den Händlern noch vor Ablauf der gravenreuthschen Frist eine Stellungnahme zu den Vorwürfen zukommen zu lassen. (hob)