Provider in NRW erstreitet Teilsieg gegen Website-Sperrung

Das Verwaltungsgericht Minden hat die von der Bezirksregierung Düsseldorf angeordnete sofortige Vollziehung der Sperrungsverfügung für Websites abgelehnt.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 159 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.

Die Provider, die sich gegen die umstrittene Website-Sperrungsverfügung des Düsseldorfer Regierungspräsidenten Jürgen Büssow wehren, haben einen ersten Etappensieg errungen. Das Verwaltungsgericht Minden hat einen der wehrhaften Zugangsanbieter in einem Eilverfahren von der Verpflichtung befreit, die Anordnung des SPD-Politikers sofort umzusetzen. Die von Büssow geforderte unverzügliche Vollziehung der Verfügung wurde abgelehnt. Bei dem Provider handelt es sich um einen der größten deutschen IP-Carrier, der namentlich allerdings nicht genannt werden möchte. Das Unternehmen kann nun guten Gewissens die für Frühjahr erwartete Hauptverhandlung abwarten, ohne bereits Sperrungen implementieren zu müssen. Die Strategie Büssows, rasch vollendete Tatsachen zu schaffen, geht damit vorerst nicht auf.

Der Verband der deutschen Internetwirtschaft (eco) begrüßte die bereits Ende Oktober gefällte und jetzt veröffentlichte Entscheidung als "kompetent und sachgerecht". Die Providerlobby erhofft sich von der Entscheidung eine "erhebliche Signalwirkung" für die 17 restlichen noch anstehenden Gerichtsverfahren. Die Richter hätten erkannt, "dass die Sperrverfügung nicht sperrt, nicht in Nordrhein-Westfalen und schon gar nicht darüber hinaus", freut sich Oliver Süme, Vorstand Recht und Neue Medien von eco. Der Hamburger Rechtsanwalt geht nach wie vor davon aus, dass die von Büssow inkriminierten, auf Webservern in den USA lagernden Inhalte "auf Grund der Struktur des Internet gar nicht gesperrt werden können". Die Verfügungen seien unangemessen, da die angeordneten Maßnahmen, zu denen beispielsweise eine von Technikern als "Netzsperre für Fritzchen Doof" gehandelte Manipulation an DNS-Servern gehört, keinesfalls greifen würden.

In dem seit über einem Jahr köchelnden Streit zwischen Büssow und zahlreichen nordrhein-westfälischen Providern geht es im Kern um die Frage, inwieweit Politiker Surfer vor missliebigen, strafrechtlich relevanten und jugendgefährdenden Inhalten schützen können. Konkret sind auf Büssows Liste momentan einige Webadressen bekannter, aus den USA heraus agierender Neonazis. Während der Großteil der Medienpolitiker dafür plädiert, dass nur die Nutzer selbst Filter installieren können und sollen, will der Düsseldorfer Regierungspräsident und Medienwächter einen obrigkeitsstaatlichen Ansatz durchsetzen. Die Verhältnismäßigkeit der Anordnung und die Anwendbarkeit der vermeintlichen Rechtsgrundlagen, zu denen vor allem der umstrittene Mediendienste-Staatsvertrag gehört, wird von Experten allerdings angezweifelt.

Eine Begründung des Mindener Schiedsspruchs liegt eco bislang nur in Auszügen vor: "Das Gericht ist zu der Auffassung gelangt, dass die drohenden Nachteile die Vorteile der Anordnung durch die Bezirksregierung überwiegen würden", erklärte Süme die darin dokumentierte Interessensabwägung gegenüber heise online. In Düsseldorf ist die Entscheidung des Verwaltungsgerichts ebenfalls bereits eingetroffen. Eine Stellungnahme konnte die entsprechende Sachbearbeiterin Büssows auf Nachfrage von heise online allerdings noch nicht abgeben. (Stefan Krempl) / (jk)