Telemedizin greift nach den Sternen
Geht es nach den Protagonisten in der Telemedizin, wird nicht nur die Vision vom stets ĂĽberwachbaren Patienten bald Wirklichkeit.
Geht es nach den Protagonisten in der Telemedizin, wird nicht nur die Idee vom auch außerhalb des Krankenhauses stets überwachbaren Patienten bald Wirklichkeit. Die Visionen auf dem Trierer Symposium Sichere Telemedizin des Instituts für Telematik in Trier reichen bis zur Fernbehandlung von Astronauten. Die Vorträge und Diskussionen der Informatiker, Ärzte und Juristen sollen -- wie auch sonst -- live im Internet mitzuverfolgen zu sein.
Neben Sicherheitsfragen -- die Verschlüsselung der Daten spielt unter anderem bei der elektronischen Gesundheitsakte eine zentrale Rolle -- verspricht das Tagungsprogramm auch einen Ausblick auf die Telechirurgie im Operationssaal der Zukunft. Der Weg dahin ist noch etwas uneben: Eines der größten Probleme sei der große Wirrwarr an verschiedenen Systemen und Software, sagte der Trierer Informatik-Professor Christoph Meinel gegenüber dpa. Der reale irdische Einsatz von telemedizinischer Technik in deutschen Krankenhäusern lässt aus Meinels Sicht noch stark zu wünschen übrig. Nach ersten vom Trierer Institut für Telematik geleiteten Bestandsaufnahmen zum Stand der Telemedizin in Baden-Württemberg und in Rheinland-Pfalz schätzt Meinel, dass nicht einmal die Hälfte aller deutschen Kliniken die neue Technik nutzt. "Viele Ärzte wollen die Technik einführen, doch fehlt es oft an Vorkenntnissen und Geld", erklärte er gegenüber dpa. Meistens seien nur große Krankenhäuser oder Universitätskliniken mit telematischen Anwendungen ausgerüstet.
Dabei sollen diese, wenn erst mal die Anfangsmillionen in die Technik investiert sind, auch Kosten sparen helfen: So soll das von einem Konsortium europäischer Firmen und Universitäten mit dem Handy-Spezialisten Ericsson an der Spitze Body Area Networks (BNA) zur Überwachung von lebenswichtigen Körperfunktionen via GPRS und UMTS die Behandlungskosten um etwa 20 Prozent senken. Das mit rund 5 Millionen Euro zur Hälfte von der EU geförderte Projekt ist zwar etwas weniger spektakulär als Fernoperationen, aber für den Alltag chronisch kranker Menschen bedeutungsvoller. "Vielleicht fünf Prozent der etwa 25 Millionen chronisch Kranken könnten damit viel mehr Bewegungsfreiheit haben", meint der Ericcson-Entwickler Rainer Herzog gegenüber dpa.
Das BAN soll ebenso auf der Fachmesse Medica kommende Woche in Düsseldorf zu sehen sein wie zum Beispiel die bei der Visite nutzbare Wireless-LAN-Lösung des Telekommunikationsanbieters ISIS Multimedia Net. Über mobile Endgeräte soll der Arzt damit gerade erstellte Laborbefunde direkt am Krankenbett abrufen können. Ob diese oder andere technische Lösungen sich tatsächlich durchsetzen werden, muss sich erst zeigen: Auf der parallel stattfindenden Sonderschau Medica Media stehen neben technischen und rechtlichen Themen auch die Stichworte Geschäftsmodelle und Förderung auf der Tagesordnung -- inklusive einer Podiumsdiskussion zu der Frage, ob die Telemedizin die seit langem vergeblich gesuchte Killerapplikation für 3G/UMTS sein könnte. (anm)