MobilCom auf dem Weg zum Service Provider

Eine Unterschrift fehlt noch, dann steht MobilCom wieder da, wo das Unternehmen einst begann: beim Verkauf von Handys und Mobilfunkverträgen für die Netze anderer.

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Von
  • Eckart Gienke

Eine Unterschrift von France Telecom fehlt noch, dann ist MobilCom gerettet und kann den Weg nach vorn antreten. Und dieser Weg führt rückwärts. Das Mobilfunkunternehmen hat seine hochfliegenden UMTS-Pläne beerdigt, wird sich vermutlich auch von seiner Festnetz-Sparte trennen und steht dann wieder da, wo es begann: Als Verkäufer von Handys und Mobilfunkverträgen für Netze, die andere betreiben -- als Service Provider.

Die Franzosen zahlen die höchste Zeche für den missglückten Versuch von MobilCom-Gründer Gerhard Schmid, mit einem eigenen Netz nach dem neuen Mobilfunk-Standard UMTS in den Kreis der deutschen Top-Unternehmen vorzustoßen. Fehlende Verhandlungskunst in den Gesprächen mit dem ausgebufften Mittelständler Schmid kostet den französischen Staatskonzern sieben Milliarden Euro, abgesehen von den Unsummen, die schon früher geflossen sind. Die teure UMTS-Lizenz, die France Telecom bezahlt hat, soll dem Konzern nun auch in irgendeiner Weise nutzbar gemacht werden. Wie das genau aussehen könnte, ist angesichts der eingeschränkten Handelbarkeit einer UMTS-Lizenz noch offen.

Die Großbanken, die das Geld im Hinblick auf den damals noch guten Namen von France Telecom zur Verfügung gestellt hatten, müssen ebenfalls bluten. Sie erhalten nicht etwa neue Kreditverträge mit France Telecom, sondern Wandelanleihen, die in Aktien umgewandelt werden können. Hintergrund sind bilanztechnische Tricks, damit die Zahlen von France Telecom nicht noch schlechter aussehen als ohnehin schon. Wie die Banken müssen auch die Lieferanten Ericsson und Nokia einen Teil ihrer Forderungen wohl in den Wind schreiben. Das gleiche gilt für den Netzbetreiber E-Plus, der offene Forderungen in Millionenhöhe gegen MobilCom hat. E-Plus soll eventuell mit dem halbfertigen UMTS-Netz abgefunden werden, das MobilCom für rund eine Milliarde Euro gebaut hat.

Die Festnetz-Sparte, die 400 bis 500 Mitarbeiter beschäftigt und Gewinne erwirtschaftet, geht vermutlich an das Tochterunternehmen freenet.de. Freenet-Chef Eckhard Spoerr hatte bereits mehrfach sein Interesse an der Festnetz-Sparte angemeldet, die bei einem Internet-Unternehmen gut integriert werden kann. Ein Vorvertrag liegt schon vor, ist aber nicht vom MobilCom-Aufsichtsrat gebilligt. Der geprüfte Geschäfts- und Liquiditätsplan, der als Grundlage für weitere Kredite deutscher Banken dient, zeigt ab dem kommenden Frühjahr wieder ein positives Ergebnis bei MobilCom, schließt allerdings das Festnetz mit ein.

Auffällig zurückhaltend verhielten sich am Freitag die schleswig-holsteinische Landesregierung und die Bundesregierung. Mehr als einen dürren Satz gab es nicht aus Wolfgang Clements Ministerium als Kommentar. Aussagen von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) und Wirtschaftsminister Werner Müller eine Woche vor der Wahl haben sich als Makulatur erwiesen. Damals hatten Kanzler und Minister auf Nachfragen ausdrücklich versichert, MobilCom erhalte keine Staatshilfen, sondern nur Kredite zu banküblichen Konditionen -- weil das Unternehmen im Kern gesund sei. Nun muss der Staat doch als Bürge dienen und der Steuerzahler ist mit dreistelligen Millionenbeträgen dabei, falls MobilCom doch noch scheitert. (Eckart Gienke) / (em)