"Anti-Apple-Gesetz": EU-Abgeordnete stimmen für einheitliche Ladekabel

Hersteller von Smartphones, Laptops, Kopfhörern, Digitalkameras, Wearables & Co. werden in der EU bald verpflichtet, Aufladen per USB-C-Kabel zu ermöglichen.

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(Bild: Primakov/Shutterstock.com)

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Mit großer Mehrheit von 43 zu 2 Stimmen hat sich am Mittwoch der Ausschuss für den Binnenmarkt und Verbraucherschutz (IMCO) des EU-Parlaments dafür ausgesprochen, dem Kabelsalat in der digitalen Gerätewelt ein Ende zu bereiten. Hersteller etwa von Mobiltelefonen, Tablets, Laptops, Kopfhörern und Digitalkameras müssen laut dem Beschluss künftig auf ein einheitliches Ladeverfahren setzen. Als Standard dafür ist der USB-C-Anschluss vorgesehen, der derzeit am weitesten verbreitet ist.

Die Abgeordneten unterstützen prinzipiell den ursprünglichen Entwurf der EU-Kommission zur Harmonisierung der Richtlinie über Funkanlagen. Unter diese sogenannte Radio Equipment Directive (RED) fallen etwa Geräte wie E-Reader, Fitnesstracker, Handheld-Spielekonsolen, anderes elektronisches Spielzeug und tragbare Lautsprecher mit ähnlichem Ladebedarf.

Der Ausschuss fordert nun, dass grundsätzlich auch Smartwatches und andere Wearables den neuen Vorgaben entsprechen müssen. Voraussetzung dafür soll sein, dass diese Geräte groß genug sind für einen USB-C-Anschluss. Bis Ende 2026 muss die Kommission dem Ausschuss zufolge einen Vorschlag machen, um weitere Produktkategorien hinzuzufügen, bei denen die Folgenabschätzung bisher nicht ganz eindeutig war.

Bis zu dieser Frist drängen die Volksvertreter auch auf Mindestansätze zur Interoperabilität bei drahtlosen Ladeoptionen, um auf diesem Gebiet einen proprietären Wildwuchs zu verhindern. Zwischen 2028 und 2030 soll dafür ein neuer Standard stehen.

Der Ausschuss fordert ferner klare Informationen über Ladeoptionen und eine eindeutige Kennzeichnung auf neuen Geräten. Dazu kommen soll die Angabe, ob ein Produkt ein Ladegerät enthält. Dies würde dazu beitragen, Verwirrung zu vermeiden und die Kaufentscheidung für Verbraucher zu erleichtern. Diese besäßen oft schon mehrere Geräte und benötigen nicht immer zusätzliche Ladegeräte.

Die Reform ist Teil der Bemühungen der EU um die Nachhaltigkeit – insbesondere elektronischer Produkte. Zu den Zielen der Initiative gehört es, Elektroschrott zu reduzieren. Schätzungen zufolge fallen bei einer halben Milliarde Ladegeräte für tragbare Geräte, die jedes Jahr in Europa ausgeliefert werden, 11.000 bis 13.000 Tonnen Müll an.

USB-C hat sich bei Smartphones & Co. faktisch bereits als Standard durchgesetzt. Nur Apple sperrt sich bislang, seinen iPhones eine solche Buchse zu spendieren. Der US-Konzern setzt hier auf den selbst entwickelten Lightning-Anschluss. Seine Tablets und Laptops verfügen dagegen bereits über USB-C-Anschlüsse. Beobachter sprechen daher von einem "Anti-Apple-Gesetz".

Der iPhone-Bauer führte stets ins Feld, eine verpflichtende einheitliche Ladebuchse sei ein Innovationshemmnis. Ein Zwang würde auch Geräte komplett ohne Stecker verhindern. Apple hat dem iPhone 12 keinen Ladestecker mehr beigelegt und setzt mittelfristig auf eine eigene Drahtlos-Ladelösung. Auch Huawei, OnePlus, Vivo und Xiaomi wandeln auf diesem Pfad, was wieder verstärkt zu proprietären Ansätzen führen könnte. Die EU-Kommission setzt derweil darauf, dass Kunden nur ein Mobiltelefon erwerben, wenn sie schon ein passendes Ladekabel dafür haben.

"Es gab Widerstand vor allem von Herstellern mit proprietären Lösungen", erklärte der parlamentarische Berichterstatter Alex Agius Saliba nach der Abstimmung. Der Sozialdemokrat ist sich aber sicher, dass Innovationen nicht verhindert würden: "Wir haben die richtige Balance zwischen allen Interessen gefunden." Die Abgeordneten hätten in der Sache schon seit den vergangenen zehn Jahren viel Druck ausgeübt und nun mit ihrer ambitionierten Position "rote Linien" gezogen. Ihnen zufolge soll die überarbeitete Radio Equipment Directive bereits nach einer verkürzten Frist von neun Monaten in Kraft treten und alle drei Jahre evaluiert werden.

Im Kampf gegen Elektroabfall bestand das Parlament bereits mehrfach auf einem einheitlichen System für Ladegeräte. Eigentlich bestehen schon seit Jahren in der EU Vorschriften, wonach Hersteller von Mobiltelefonen, Tablets und anderer das Funkspektrum nutzender Geräte ihren Kunden einen universellen Ladestecker mitliefern sollen. Bislang stand dabei aber die Selbstregulierung im Vordergrund. Apple befolgte die nicht wasserdicht formulierten Auflagen bislang nur zum Teil.

Das externe Netzteil am anderen Ende des Kabels, das den Strom aus der Steckdose umwandelt, will die Kommission mit der geplanten Ökodesign-Verordnung vereinheitlichen.

Sobald das Parlament als Ganzes den Entwurf der Verhandlungsposition aus dem IMCO auf einer Plenartagung im Mai gebilligt hat, können die Verhandlungsführer Gespräche mit dem Ministerrat über die endgültige Form der Rechtsvorschriften aufnehmen. Vertreter der EU-Staaten hatten den Kommissionsvorschlag grundsätzlich schon im Januar befürwortet.

(mki)