Extrem bewegliche Roboter-Ratte soll Menschenleben retten

Roboter können in Katastrophengebieten eingesetzt werden, um Menschen unter Trümmern aufzufinden. Eine Roboter-Ratte könnte das besser möglich machen.

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Die Roboter-Ratte kann durch ihren flexiblen Körperbau auch enge Passagen meistern.

(Bild: IEEE Spectrum (Screenshot))

Lesezeit: 4 Min.

Menschen in Katastrophengebieten beispielsweise unter Trümmern aufzufinden, ist für herkömmliche Roboter mit Beinen schwierig, denn sie müssen sich dabei auf kleinstem Raum bewegen. Dabei sind Beine eher ein Hindernis. Nagetieren, wie Ratten, gelingt dies allerdings. Sie können sich mit ihren kurzen Beinen und ihrem flexiblen Körperbau durch kleinste Lücken und enge Verwinkelungen zwängen und auch schmale Rohre durchkriechen. Chinesische Forscher des Beijing Institute of Technology haben sich die Natur zum Vorbild genommen und eine Roboter-Ratte entwickelt, die Vermisste auffinden oder zur Inspektion von Rohren eingesetzt werden soll.

Ganz neu ist der Einsatz von Ratten als Helfer in Katastrophengebieten nicht: Die belgische Non-Governmental Organisation APOPO etwa setzt trainierte Riesenhamsterratten als "HeroRATs" ein. Sie helfen mit ihrem ausgeprägten Geruchssinn dabei, versteckte Landminen in Kriegsgebieten aufzuspüren. Ähnliche Aufgaben könnte auch die Roboter-Ratte des chinesischen Forscherteams übernehmen, wie sie in ihrem in IEEE Transactions on Robotics veröffentlichtem Paper "Development of a Small-Sized Quadruped Robotic Rat Capable of Multimodal Motions" beschreiben.

"Große vierbeinige Roboter können nicht in enge Räume eindringen, während vierbeinige Kleinstroboter zwar in enge Räume eindringen können, aber aufgrund ihrer begrenzten Fähigkeit, schwere Lasten zu tragen, Schwierigkeiten bei der Ausführung von Aufgaben haben", umschreibt Quing Shi, Professor am Beijing Institute of Technology das Ausgangsproblem der Forschungsarbeit.

Die vom Forscherteam entwickelte Roboter-Ratte orientiert sich weitgehend an der Anatomie echter Ratten. Dazu analysierten die Forscher zunächst insbesondere die Gelenke der Vierbeiner, um herauszufinden, wieso Ratten sich so flexibel bewegen können. Aus diesen Erkenntnissen entwarfen sie ihren Roboter so, dass er einen ähnlichen Körperaufbau aufweist, wie eine echte Ratte. Dazu gehören zwei Freiheitsgrade in jeder Gliedmaße, Taille und dem Kopf. Zudem verpassten sie der Roboter-Ratte ähnliche Bewegungsmuster wie den echten Nagetieren. Damit erhält der Roboter eine hohe Beweglichkeit und Wendigkeit.

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Grundsätzlich kann die Roboter-Ratte, deren Körperteile weitgehend aus dem 3D-Drucker stammen, eine Reihe von Bewegungen ausführen: vom Hocken bis zum Stehen, Laufen, Krabbeln und Drehen. Letzteres gelang der Ratte besonders effektiv. Der Drehradius betrug weniger als die Hälfte der eigenen Körperlänge, sodass sich der Roboter auch in beengten Verhältnissen umdrehen kann.

Zudem testeten das Team ihre Roboter-Ratte unter realen Bedingungen und ließ sie auf unterschiedlichen Untergründen laufen und krabbeln, schickten sie durch enge höhlenartige Passagen und über Hindernisse. Um sie überwinden zu können, konstruierten die Forscherinnen und Forscher den Roboter so, dass er sich zurücklehnen und auf die Hinterbeine stellen kann, um die Vorderbeine in eine günstige Position bringen zu können. Dabei konnte die künstliche Ratte Objekte mit einer Höhe von 30 Millimetern Höhe überwinden. Das entspricht etwa ein Drittel der eigenen Körpergröße. Nach Angaben des Forscherteams klappte das in 70 Prozent der Fälle. Die Roboter-Ratte ist darüber hinaus in der Lage, sich selbst wieder aufzurichten, wenn sie hingefallen und etwa auf die Seite gepurzelt ist.

Auch das Tragen von Gewichten gelang der Roboter-Ratte, die eine Zuladung von 200 Gramm über Steigungen von 20 Grad transportierte. Das entspricht etwa 91 Prozent des eigenen Körpergewichtes.

Das Forscherteam rund um Shi sieht die Roboter-Ratte mit ihren Fähigkeiten schon jetzt für mögliche Anwendungsgebiete wie einem Einsatz in Katastrophengebieten zum Aufspüren von Menschen oder zur Fehlersuche in Pipelines grundsätzlich gerüstet. Für die kommerzielle Anwendung müsse die Roboter-Ratte allerdings noch weiterentwickelt werden. Dazu soll sie Erkennungssensoren und Kameras erhalten. Auch sollen die Agilität weiter verbessert und umfangreichere Feldtests durchgeführt werden.

(olb)