Studie: Amazon soll Alexa-Interaktionen für personalisierte Werbung verwenden

Eine aktuelle US-Studie liefert Hinweise darauf, dass Amazon Sprachinteraktionen mit Alexa für personalisierte Werbung nutzt. Amazon selbst streitet das ab.

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(Bild: MAHATHIR MOHD YASIN/Shutterstock.com)

Lesezeit: 4 Min.

Nutzt Amazon Daten aus Sprachinteraktionen mit Alexa-Lautsprechern, um Werbung zu personalisieren? Amazon selbst hat das stets bestritten. Doch eine aktuelle Studie von US-Wissenschaftlern liefert Hinweise, dass Amazon aus Sprachdaten Nutzerinteressen ableitet und mit Werbepartnern teilt.

Zu diesem Ergebnis kamen die Forscherinnen und Forscher der Hochschulen University of Washington, University of California-Davis, University of California-Irvine und Northeastern University über einen Umweg: Mit einem selbstgebauten Raspberry-Pi-Router konnten sie den Datenverkehr von Amazons smarter Assistentin nachvollziehen. Dabei bemerkten sie unter anderem, dass Werbeunternehmen höhere Preise für Anzeigen bei Accounts boten, die häufig mit ihrem Alexa-Lautsprecher interagieren. Accounts, die Echo-Geräte umfangreich nutzten, generierten demnach bis zu 30 Mal höhere Werbeangebote als ein untätiger Kontroll-Account.

Präzisere Nutzerprofile erlauben maßgeschneiderte und damit teurere Werbung, argumentieren die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in ihrer Studie "Your Echos are Heard: Tracking, Profiling, and Ad Targeting in the Amazon Smart Speaker Ecosystem". Sie sehen in den gestiegenen Preisen einen Indikator dafür, dass Amazon durch Sprachinteraktionen mit Alexa Daten über User anhäuft und an Werbepartner weitergibt.

In einer Stellungnahme an The Register lehnt Amazon diesen Schluss ab: "Der Preis von Werbeauktionen hängt von verschiedenen Faktoren ab, die nichts mit Sprachanfragen oder Alexa-Interaktionen zu tun haben", sagte Amazon dem britischen IT-Magazin, das zuerst über die Studie berichtete. "Viele der Ergebnisse dieser Untersuchung basieren auf falschen Schlussfolgerungen oder Spekulation der Autoren."

Bei der Analyse der Datenströme bemerkten die Forscher außerdem, dass mehrere Alexa-Skills Daten an Werbeunternehmen weiterleiten. Skills sind von externen Unternehmen angeboten Plugins für Amazons Alexa, die die Sprachassistentin um zusätzlich Funktionen erweitern.

Auch Amazon selbst teile Nutzerdaten mit bis zu 41 Werbepartnern, schreibt die Forschungsgruppe in ihrer Studie. Das dementiert Amazon gegenüber The Register ebenfalls: "Wir teilen Alexa-Anfragen nicht mit Werbenetzwerken". Amazon nutzt eigenen Angaben zufolge lediglich über Alexa abgeschlossene Einkäufe oder abgespielte Songs, um Werbeanzeigen zu personalisieren. Das Unternehmen weist außerdem auf die Möglichkeit hin, personalisierte Anzeigen in den Accounteinstellungen komplett zu deaktivieren.

Für ihre Studie legte die Forschungsgruppe mehrere fiktive Amazon-Accounts an, denen verschiedene Interessen zugeordnet wurden – etwa Mode, Autos oder Fitness. Für diese Profile wurden Skills aus ihren jeweiligen Interessengruppen installiert, später wurden automatisiert thematische Sprachanfragen an Alexa und diese Skills gestellt. Zur Kontrolle erstellten die Forscherinnen und Forscher unter anderem ein "Vanilla"-Profil, das zwar mit einem Echo-Lautsprecher verknüpft wurde, dort allerdings untätig blieb. Weitere drei Kontrollprofile waren automatisiert im Web tätig, interagierten aber nicht mit Alexa. Schließlich verglichen sie Angebote für Werbeanzeigen bei den Interessensprofilen mit der Kontrollgruppe.

Nach Installation der Skills konnte die Forschungsgruppe zuerst keine Abweichungen feststellen. Erst, als sie die automatisierten Sprachinteraktionen mit Alexa starteten, kristallisierten sich der Studie zufolge Unterschiede heraus. Durchschnittliche Gebote für Werbeanzeigen sollen sich bei den meisten Interessenprofilen im Vergleich zum untätigen "Vanilla"-Profil mindestens verdoppelt haben. Die Forscherinnen und Forscher berichten außerdem, dass personalisierte Werbung auf Basis von Interaktionen mit Alexa nicht nur auf den Echo-Lautsprechern selbst, sondern auch im Web und auf anderen Amazon-Geräten der fiktiven User angezeigt wurde.

Im Gespräch mit The Register unterscheidet Forschungsleiter Umar Iqbal zwischen Daten und den eigentlichen Sprachanfragen: Demnach gebe es keine Hinweise darauf, dass Amazon Sprachanfragen direkt an Werbepartner weiterleitet. Seine Forschungsgruppe sei aber zu dem Ergebnis gekommen, dass Amazon zumindest aus den Anfragen abgeleitete Daten weitergibt. Damit verletze Amazon seine eigenen Datenschutzrichtlinien.

(dahe)