Australien: Facebook übertrieb angeblich Medienblockade um Gesetz zu torpedieren

Kurz vor der Verabschiedung des Mediengesetzes hatte Facebook mit einer Blockade für ein großes Durcheinander gesorgt. Das war laut Whistleblowern kein Fehler.

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(Bild: Lloyd Carr/Shutterstock.com)

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Um Änderungen an einem neuen Mediengesetz in Australien zu erreichen, soll Facebook im vergangenen Jahr eine kurzfristige Sperrung aller Nachrichtenseiten und Inhalte drastisch übertrieben haben. Das werfen Whistleblower dem US-Konzern Meta vor und haben als Beleg für die Behauptungen Dokumente an Behörden in Australien und den USA übergeben, berichtet das Wall Street Journal. Nachdem tagelang im australischen Facebook Chaos geherrscht habe, war das Gesetz noch einmal abgeändert worden. Intern gratulierte man sich bei dem Konzern, dass man "genau da gelandet" sei, wo man habe ankommen wollen. Mark Zuckerberg sprach demnach vom "womöglich bestmöglichen Ausgang", Sheryl Sandberg von einer "präzisen Ausführung".

Mitte Februar 2021 hatte Facebook als Reaktion auf ein geplantes neues Mediengesetz unter anderem Tausende Seiten in dem Land blockiert, vorgeblich um die Verbreitung journalistischer Inhalte über die Plattform zu unterbinden. Für Links zu solchen Angeboten sollte der US-Konzern mit dem neuen Gesetz zur Kasse gebeten werden. Von der Blockade waren aber längst nicht nur Seiten von Medien betroffen, sondern unter anderem auch Regierungsinstitutionen, Hilfsorganisationen und medizinische Einrichtungen. Ein hochrangiger Vertreter des US-Konzerns hatte sich damals entschuldigt, und von "Fehlern bei der Implementierung" gesprochen: "Das ist richtig schwer, so etwas haben wir noch nie gemacht." Den jetzt geleakten Dokumenten zufolge war dem aber nicht so.

Dem Wall Street Journal zufolge hat Facebook eine "etablierte Datenbank existierender Nachrichtenmedien". Anstatt deren Seiten einfach zu blockieren, habe ein eigens zusammengewürfeltes Team "einen groben algorithmischen Nachrichtenklassifikator entwickelt, der sichergestellt habe, dass mehr als nur Nachrichten betroffen sind". Die etwa 17 Millionen Nutzer und Nutzerinnen in Australien konnten deswegen auf Facebook nicht nur keine Inhalte der etablierten Zeitungen sehen. Entfernt worden waren unter anderem auch die Seiten der Wetterbehörde oder von Kliniken. Und das direkt vor Beginn der nationalen Impfkampagne gegen Covid-19. Das sich anschließende Chaos war also keineswegs unbeabsichtigt, sondern offenbar ein erwünschtes Ziel, legen die Dokumente nach. Facebook hat dem widersprochen und spricht der US-Zeitung gegenüber weiterhin von einem "technischen Fehler".

Wenige Tage nach Beginn der Blockade hatte sich Facebook mit der australischen Regierung auf Änderungen an dem geplanten Gesetz geeinigt. Damals hatte es geheißen, dass Facebooks Bedenken Rechnung getragen worden seien, dass Beiträge sowohl für die Plattform als auch Verlage einen Wert haben und dies bisher nicht berücksichtigt wurde. Intern habe es deutlichen Jubel gegeben, zitiert das Wall Street Journal: "Wir sind genau dort gelandet, wo wir hinwollten – und das war nur möglich, weil dieses Team genial genug war, es in Nullzeit zu schaffen", meinte etwa Campbell Brown, der Head of News Partnerships. Sheryl Sandberg hat demnach geschrieben, "die Durchdachtheit der Strategie, die Präzision der Ausführung und die Fähigkeit, mit der Entwicklung der Dinge Schritt zu halten, setzt einen neuen hohen Standard". Mark Zuckerberg bedankte sich bei allen Beteiligten.

(mho)