IFA

IFA: Messe Berlin entbindet Heithecker von seinen Aufgaben

​Die Messegesellschaft hat IFA-Direktor Jens Heithecker freigestellt. Er soll das Konsortium, das die IFA übernehmen will, mit Informationen versorgt haben.​

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 18 Kommentare lesen

IFA-Direktor Jens Heithecker eröffnet die Keynotes der IFA 2019

(Bild: heise online)

Lesezeit: 4 Min.

Die Messe Berlin hat den Chef der Elektronikmesse IFA überraschend von seinen Aufgaben entbunden und freigestellt. Jens Heithecker, noch bis vor Kurzem als Executive Director für die größte europäische Unterhaltungselektronik- und Hausgerätemesse verantwortlich, ist seit der vergangenen Woche nicht mehr im Amt. Das bestätigte die Berliner Messe GmbH auf Anfrage, wollte zu den Gründen aber keine Angaben machen.

Hintergrund ist offenbar das Tauziehen um die künftige Ausrichtung der Messe. Inhaber der Marke IFA und Mitveranstalter der Messe ist der Branchenverband Gfu, der von einigen großen Herstellern getragen wird. Bisher haben die Messe Berlin und die Gfu die IFA gemeinsam ausgerichtet. Dieser Vertrag läuft aber 2023 aus und die Gfu möchte die IFA mit anderen Partnern neu aufstellen; die Verhandlungen mit der Messegesellschaft laufen.

In den neuen Plänen der Gfu kommt die Berliner Messegesellschaft nur noch als Vermieter des Geländes vor. Als Veranstalter soll künftig ein Konsortium der Gfu mit dem britischen Veranstaltungsriesen Clarion Events und der Beteiligungsgesellschaft Aquila auftreten. Aquila gehört zum Imperium des Berliner Unternehmers Werner Gegenbauer, dessen Familienholding von Christian Göke geführt wird, der bis Ende 2020 noch CEO der Berliner Messe war.

Diese pikante Personalie hat nicht nur im Berliner Senat für Irritationen gesorgt, sondern spielt offenbar auch eine Rolle bei der überraschenden Demission des bisherigen IFA-Direktors: Heithecker soll seinen Ex-Chef Göke "fortlaufend" mit Informationen über die IFA und den Stand der Verhandlungen über deren Zukunft versorgt haben. Die IT-Abteilung der Messegesellschaft habe einige belastende E-Mails wiederherstellen können, die Heithecker gelöscht hatte, berichtet die Berliner Morgenpost.

Heithecker sei am Donnerstag – einen Tag nach seinem Auftritt bei der internationalen IFA-Pressekonferenz – freigestellt worden, heißt es weiter. Ihm drohe die fristlose Kündigung, auch von strafrechtlichen Konsequenzen ist die Rede. Den Job als Chef der IFA übernimmt zunächst Dirk Koslowski. Die Entscheidung, Heithecker von seinen Aufgaben zu entbinden, "ändert nichts an der geplanten IFA im September 2022 auf dem Gelände der Messe Berlin in Zusammenarbeit mit der Gfu", erklärte eine Sprecherin. Die IFA 2022 beginnt am 2. September.

Das Konsortium um die Gfu will die IFA modernisieren und digitalisieren. Die Messegesellschaft kommt in diesen Plänen nur noch als Vermieter des Geländes vor, was auch Einnahmeverluste bedeutet. Die Verhandlungen mit der Messegesellschaft laufen seit dem vergangenen Sommer. "Wir glauben, dass es in der alten Struktur nicht geht und es einen dritten Partner braucht, den haben wir mit Clarion gefunden", sagte Gfu-Aufsichtsrat Volker Klodwig der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.

Dabei steht auch der Wegzug der IFA in eine andere Stadt im Raum. Die Gfu würde 100 Jahre IFA zwar gerne 2024 in Berlin feiern. "Aber zu Bedingungen, die für alle Seiten Sinn machen", meint Klodwig. "Wenn man nicht zu einer Lösung kommt, sind wir aufgefordert, dieses Format auszuschreiben, eventuell international." Das hört man auch im Berliner Senat, der die Leitmesse gerne in der Stadt halten würde, "aber nicht zu jedem Preis". Die Message an das Konsortium: Wir brauchen eure IFA gar nicht so dringend.

Dennoch versuchen Land und Messe offenbar, die festgefahrenen Verhandlungen wieder in Gang zu bringen. Eine für beide Seiten zufriedenstellende Lösung könnte auch im Interesse der Gfu sein: Laut Morgenpost sind auch in der Gfu nicht alle glücklich mit der Strategie des Konsortiums. Es gebe Zweifel, ob das Aufbrechen der langjährigen Geschäftsbeziehung mit der Messe Berlin der richtige Weg gewesen sei. Die Hersteller könnten sich nur schwer vorstellen, mit der IFA in eine andere Stadt umzuziehen.

(vbr)