Fedora Linux 36: Samtiges Gnome 42 mit Ecken und Kanten

Um experimentelle Neuerungen ist die Linux-Distribution selten verlegen, gibt sich diesmal vergleichsweise brav. Trotz längerem Bugfixing hakelt es in Teilen.

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Aufmacher zu Fedora 36

(Bild: Screenshot)

Lesezeit: 6 Min.
Von
  • David Wolski
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Die Entwickler der Linux-Distribution Fedora haben Version 36 fertiggestellt. Die Verspätung zwischen anvisiertem Veröffentlichungstermin Mitte April und der jetzt veröffentlichten Final beträgt diesmal satte drei Wochen. Solch eine Zeitspanne ist auch für Fedora ungewöhnlich lange und betrifft laut der Liste der zuletzt gefundenen Bugs weitgehend die Integration von Gnome 42.

Dies ist auch das Highlight von Fedora Linux 36 und der Desktop der primären Workstation-Ausgabe. Wayland ist jetzt auch hier bei der Verwendung von proprietären Nvidia-Treibern der Standard. Gnome 42, hier ohne nennenswerte Shell-Erweiterungen, hievt bereits eine bemerkenswerte Zahl an mitgelieferten Programmen auf GTK4 und auf die neue Widget-Bibliothek "libadwaita". Für ein besseres Schriftbild sorgt die freie Font-Familie "Noto" von Google.

Der ausgelieferte Kernel liegt in Version 5.17 vor und wird später im Jahr voraussichtlich eine Aktualisierung auf 5.18 erhalten, was typisch für Fedora ist. Denn die Distribution bleibt in einer Ausgabe nicht bei einer Hauptversionsnummer des Kernels stehen. Zur Container-Orchestrierung ist Podman 4.0 eine bemerkenswerte Neuerung, während Desktop-User mit den neusten Ausgaben von Anwendersoftware wie LibreOffice 7.3.3 vorfinden.

Feintuning gibt es beim Paketmanagement von Fedora: Die RPM-Datenbank ist von /var nach /usr umgezogen, um BTRFS-Snapshots kleiner zu halten. Aber auch, um mit anderen Distributionen wie openSUSE gleichzuziehen. Die Erkennung von Abhängigkeiten zwischen Paketen ist ein Stück aufgeweicht, damit Fedora bei einer Systemaktualisierung nicht mehr alle manuell entfernten Pakete automatisch nachinstalliert, wenn diese von anderen Programmen als schwache Abhängigkeiten referenziert sind. In Fedora Linux 36 ist das Feature noch optional und wartet auf seine Aktivierung in der Konfigurationsdatei /etc/dnf/dnf.conf, soll aber in der nächsten Ausgabe schon das Standardverhalten sein.

Gnome verfügt über eine eigene Bildschirmfreigabe für das Netzwerk, die seit Gnome 3.30 (also ab Fedora 29) unter Wayland dank Pipewire ansatzweise funktioniert; bislang über das Protokoll von VNC. Mit Gnome 42 wechselt Fedora auf das von Microsoft entwickelte RDP, zumal die Unterstützung dafür jenseits von Linux besser ist. Wer nun aber erwartet, dass die Kontaktaufnahme von Microsoft Windows aus zu einem Fedora mit Gnome 42 funktioniert, wird herb enttäuscht: Die "Remotedesktopverbindung" in Windows 10/11 verweigert die Verbindung, denn sie erwartet eine andere Art von Schlüsselpaar zur Authentifizierung, ist also inkompatibel.

Fedora 36 (7 Bilder)

Desktop-Freigabe im Netzwerk per RDP

Eine VNC-Option gibt es in Gnome 42 unter Fedora nicht mehr. Wer von RDP eine bessere Kompatibilität zu Microsoft Windows erwartet, wird enttäuscht, denn die Authentifizierung scheitert am Schlüsselformat.
(Bild: Screenshot)

Das Problem wird im Gitlab-Repository von Gnome schon seit einem Jahr diskutiert und eine Lösung über ein manuell kompiliertes Programm zur Schlüsselerzeugung steht bereit. In Gnome 42 unter Fedora Linux 36 ist dieser Workaround jedoch nicht angekommen. Zum Vergleich: Ubuntu 22.04, das mit Versatzstücken von Gnome 41 und 42 arbeitet, belässt im Konfigurationsdialog "Freigabe" zum Screen-Sharing im Netzwerk weiterhin eine VNC-Option als Ausweg.