Kryptowährungen: Abstürzende Kurse und steigende Sorge um Stablecoins

Der jüngste Crash am Kryptomarkt brachte auch den viertgrößten Stablecoin TerraUSD in die Knie. Die US-Finanzministerin drängt auf Regulierung.

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(Bild: Shutterstock)

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Die massiven Kursrutsche an den Kryptowährungsmärkten haben sich weiter fortgesetzt. Der Bitcoin fiel zum Vortag um rund 10 Prozent und erreichte mit Kursen von etwas unter 27.000 US-Dollar den tiefsten Stand seit einem Jahr. Ethereum gab um fast 20 Prozent nach und fiel erstmals in diesem Jahr wieder unter die Marke von 2000 US-Dollar; zur Stunde liegt der Kurs bei rund 1900 US-Dollar.

Andere Währungen sackten noch heftiger ab, so etwa Solana um rund 30 Prozent, Ripple und Cardano um rund 25 Prozent. Der Analysedienst Coinmarket beziffert zur Stunde den Gesamtwert der erfassten Kryptowährungen mit 1,22 Billionen US-Dollar. Noch am Dienstag lag der Wert bei rund 1,44 Billionen US-Dollar.

Im Grunde sind solche Abstürze nichts Ungewöhnliches an den sehr schwankungsfreudigen Kryptomärkten. Weitaus drastischer ist hingegen die Entwicklung bei einem der sogenannten Stablecoins. Konkret gerieten der viertgrößte Stablecoin TerraUSD und der damit verbundene Coin Luna ins Taumeln, hinter denen das Unternehmen Terraform Labs steht.

Stablecoins sind Kryptowährungen, die ihren Preis an einen anderen Wert wie den US-Dollar binden. Eine Einheit des Coins muss dann auch immer einen US-Dollar wert sein. Eine Methode, das zu erreichen, ist das Vorhalten entsprechender Reserven. Das Konzept von TerraUSD enthält zwar auch Reserven, sieht aber vor allem vor, dass der Stablecoin durch Anreize für regelmäßige Tauschbewegungen zum Coin Luna sowie wechselseitige Anpassungen der Geldmenge Stabilität findet. Das Konzept wird als algorithmische Bindung bezeichnet.

Am Wochenende geriet das ins Ungleichgewicht und nun rauschten beide Coins gemeinsam in den Abgrund: Luna ist inzwischen noch 0,05 US-Dollar wert; vor einer Woche lag der Kurs noch bei über 80 US-Dollar. TerraUSD fiel in der Nacht auf 0,3 US-Dollar, und trudelt seitdem um 0,5 US-Dollar – von verlässlicher Dollarparität kann man hier wohl nicht mehr reden.

Die hinter dem Projekt stehenden Terraform-Labs sowie ihr Chef Do Kwon kündigten verschiedene Gegenmaßnahmen an. Ob die fruchten, bleibt abzuwarten. Ein früheres Projekt Do Kwons war laut Bericht von Coindesk ein ähnlicher, algorithmisch gebundener Coin namens Basis Cash; die Währung wird inzwischen für unter einen US-Cent gehandelt und gilt demnach als aufgegebenes Projekt.

Nun geht die Sorge in der Kryptoszene um, ob auch andere Stablecoins ins Trudeln kommen könnten. Der rein über dezentrale Protokolle ausgegebene und mit Kryptogeldsicherheiten hinterlegte DAI zeigte nur geringe Abweichungen zum Dollar. Auch der eigenen Angaben nach mit US-Dollar und kurzlaufenden Anleihen hinterlegte USDC bewahrte sich im Wesentlichen seine Parität. Einen weniger bekannten Coin wie den Neutrino USD, der ebenfalls auf algorithmische Dollar-Bindung setzt, fegte es mit Werten um 0,8 US-Dollar und teilweise noch niedriger hingegen hinaus.

Vor allem aber der an zahlreichen Börsen als faktischer Dollarersatz dienende und größte Stablecoin Tether kommt in den Blick. In den frühen Morgenstunden machte Tether einen Satz nach unten auf bis zu 0,95 US-Dollar, stieg seitdem aber wieder und liegt bei ungefähr 0,98 US-Dollar. Tether ist schon seit Langem in der Kritik und im Visier von Aufsichtsbehörden wegen der Intransparenz bezüglich der Reserven, die den Gegenwert bilden sollen.

Tether-Chef Paolo Ardoino betonte gegenüber Cointelegraph, dass man schon ähnliche Volatilitäten überstanden habe. Anders als bei den algorithmischen Coins stehe hinter Tether ein "ein starkes, konservatives und liquides Portfolio" aus Cash und Äquivalenten wie kurzlaufenden Staatsanleihen und Commercial Papers guter Bonität. Nutzer könnten jederzeit ihre Tether wieder gegen US-Dollar einlösen.

Ob der fallende Kryptomarkt noch weitere Stablecoins in die Tiefe reißt, bleibt abzuwarten. "Festzuhalten bleibt, dass das Vertrauen in Stablecoins insgesamt massiv beschädigt worden ist. Das Image einer ganzen Branche wird ramponiert", schätzte Krypto-Analyst Timo Emden gegenüber dem Handelsblatt die Lage ein.

US-Finanzministerin Janet Yellen betonte angesichts des Falls von TerraUSD jedenfalls schon mal die Dringlichkeit, eine Regulierung für Stablecoins noch in diesem Jahr auf den Weg zu bringen, berichtet die Finanznachrichtenagentur Bloomberg. Die US-Notenbank Federal Reserve warnte dem Bericht nach vor den Risiken solcher Stablecoins, etwa wenn diese als Sicherheitsleistung bei Hebelgeschäften zum Einsatz kämen.

(axk)