Systemvergleich: Apple-Macs mit M1 gegen Windows-Rechner

In den jüngsten Macs rechnen Apples selbst entwickelte M1-Prozessoren. Wir haben nachgemessen, wo sie schneller sind als aktuelle AMD- und Intel-Chips.

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(Bild: Andreas Martini)

Lesezeit: 12 Min.
Inhaltsverzeichnis

Superschnell, flüsterleise, edle Schale: Apple präsentiert den kompakten Mac Studio als Zauberkiste. Herzstück ist der von Apple selbst entwickelte Prozessor M1, dessen Topmodell M1 Ultra "der weltweit leistungsstärkste Chip für einen Personal Computer" ist, wenn man Apple glaubt. Wir haben im c’t-Labor nachgemessen und mit mehr als einem Dutzend leistungshungrigen Anwendungen ausprobiert, welche Versprechen Apple hält. So viel sei vorab verraten: Ein clever zusammengestellter PC mit AMD-Ryzen- oder Intel-Core-i-CPU übertrumpft in vielen Programmen zumindest den M1 Max und ist wesentlich billiger.

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Die Experimente mit Kreativsoftware, die viel Rechenleistung braucht, zeichnen ein differenzierteres Bild als der Vergleich simpler Benchmarks wie dem Cinebench. Wir analysieren zudem Vor- und Nachteile der Apple-M1-Prozessoren und blicken in die Zukunft. Denn auch AMD und Intel entwickeln mit Volldampf schnellere und effizientere Prozessoren.

Apple packt beim Mac Studio hohe Rechenleistung in ein vergleichsweise kompaktes Gehäuse. Dank M1-Prozessor bleibt selbst die stärkste Version unter Volllast leise und begnügt sich mit 117 Watt – mancher Windows-PC schluckt mehr als das Doppelte.

Seit Ende 2020 setzt Apple in den Baureihen MacBook Air, MacBook Pro, Mac mini, iMac und nun auch Mac Studio selbst entwickelte M1-Prozessoren ein. Die wichtigsten Eigenschaften von M1, M1 Pro, M1 Max und M1 Ultra fasst die Tabelle "Apple M1: Varianten und Konkurrenten" fassen wir für Sie zusammen. M1-Chips sind nicht zur x86-Technik von AMD und Intel kompatibel, sondern zum ARM-Befehlssatz der gleichnamigen britischen Firma. Trotzdem laufen für x86-Prozessoren geschriebene macOS-Programme auch auf M1-Macs, und zwar auf einer Emulationsschicht namens "Rosetta". Doch um M1-Chips auszureizen, müssen Programmierer ihre macOS-Apps neu kompilieren.

M1-Chips haben sowohl besonders starke Performance-(P-)Kerne als auch effizientere, aber schwächere E-Kerne. Die P-Kerne liefern den Löwenanteil der Rechenleistung; einzeln sind sie im erwähnten Cinebench-Vergleich etwas langsamer als die schnellsten Intel-Kerne. Weil "Apple Silicon"-Kerne aber vergleichsweise wenig elektrische Leistung verheizen, lassen sich viele davon in sparsame Prozessoren packen. Der M1 Max hat 10 CPU-Kerne (8P + 2E), der M1 Ultra sogar 20 (16P + 4E). Den M1 Ultra setzt Apple aus zwei M1-Max-Chips zusammen, die mit der superschnellen Verbindung "Ultra Fusion" gekoppelt sind. Seit Einführung des M1 hat Apple die CPU-Kerne nicht nennenswert überarbeitet, die P-Kerne takten in allen M1-Versionen mit maximal 3,2 GHz.

Der Trick, mit dem Apple die Effizienz maximiert: Ein M1-P-Kern hat mehr parallel nutzbare Rechenwerke als einer von Intels Core i oder AMD Ryzen. Dazu kommen große Caches und schnelles RAM. Die M1-P-Kerne rechnen deshalb schon bei 3,2 GHz ähnlich schnell wie Intel- und AMD-Kerne mit 5 GHz und mehr. Weil CPU-Kerne für hohen Takt auch höhere Spannung brauchen, schießt die Leistungsaufnahme der x86-Chips in die Höhe, vor allem die der schnellsten "K"- und "KS"-Typen von Intel.

Noch in einem zweiten Punkt unterscheidet sich der M1 gewaltig von aktuellen x86-PC-Prozessoren, vor allem der M1 Max/Ultra: Er ähnelt eher einem Prozessor für Spielkonsolen. Denn im Vergleich zu den CPU-Kernen belegt der riesige Grafikprozessor (GPU) viel Siliziumfläche. Damit die GPU ihr Leistungspotenzial entfalten kann, orientiert sich Apple auch beim RAM eher an Grafikkarten als an PCs: Statt der üblichen zwei Speicherkanäle für wechselbare Module sind zahlreiche Low-Power-DDR-DRAMs direkt mit den M1 verbunden, also fest aufgelötet. Der M1 Max kann daher mehr als viermal so schnell auf Daten zugreifen wie ein Intel Core i-12000. Zusätzlich steckt in jedem M1 eine "Neural Engine" mit hoher Rechenleistung für Algorithmen der künstlichen Intelligenz (KI).

Die in vielen Prozessoren von AMD und Intel eingebauten Grafikeinheiten liefern nur einen Bruchteil der M1-Performance. Für Software, die eine GPU als Rechenbeschleuniger einbindet, muss man daher bei Windows-Rechnern eine Grafikkarte einbauen, was Kosten, Leistungsaufnahme, Gehäusevolumen und Lüfterlärm in die Höhe treibt.

Leider lässt sich bei vielen Programmen nicht einschätzen, welchen Schub Rechenbeschleuniger genau bringen. Apple treibt Programmierer an, außer den CPU-Kernen auch GPU- und KI-Beschleunigung zu nutzen. Apple hat dabei bessere Voraussetzungen als Microsoft, weil im Apple-Universum alle wesentlichen Komponenten aus einer Hand stammen, also außer der Hardware auch macOS inklusive Treibern sowie die Entwicklungsumgebung Xcode. Auf beiden Plattformen ist aber klar: Mit uralten Compilerversionen übersetzte Software reizt moderne CPU-Funktionen und GPU-Beschleunigung nicht aus.

Alle M1-Versionen produziert Auftragsfertiger TSMC mit 5-Nanometer-Technik. Der M1 Ultra besteht aus zwei gekoppelten M1-Max-Chips.

(Bild: Apple)

AMD und Intel entwickeln ihre Prozessoren für viele unterschiedliche Hardware-Hersteller und müssen deshalb Kompromisse eingehen. Apple hingegen schneidert die M1-Chips nach eigenem Maß und lässt mutig weg, was Platz oder Strom schluckt: CPU-Wechselfassung, Steckplätze für Arbeitsspeicher, PCI-Express-Karten sowie M.2- und SATA-SSDs. Dadurch lässt sich das Gehäusevolumen reduzieren, Strom sparen, Lüfterrauschen mindern, die Entwicklung beschleunigen sowie gleichzeitig Zuverlässigkeit und Profit steigern.

Das Weglassen von Erweiterungsmöglichkeiten spart Strom, weil Netzteil und Onboard-Spannungswandler weniger Reserven benötigen und in effizienteren Betriebspunkten arbeiten können. Kühler und Lüfter können den gesamten freien Gehäuseraum ausfüllen, ohne Rücksicht auf Erweiterungen. Die Kühlung muss im Wesentlichen für den jeweiligen M1-Chip optimiert werden, denn er heizt am stärksten.

Fehlende Erweiterungsmöglichkeiten füllen die Apple-Kasse, weil sich die Preise für Ausstattungsvarianten diktieren lassen. 32 GByte mehr superschnelles LPDDR5-RAM kosten beim Mac Studio 460 Euro, aber nur 130 Euro bei einem PC mit DDR4-3200-Speicher. 2 TByte mehr SSD-Kapazität lässt sich Apple mit 690 Euro vergolden, die M.2-SSD Samsung 980 Pro mit 2 TByte kostet 300 Euro.

Die Einschränkungen bringen jedoch durchaus auch Vorteile für die Kundschaft: Die Wahrscheinlichkeit für Defekte und Probleme sinkt. Lötverbindungen sind zuverlässiger als Steckverbinder und Wechselfassungen, zudem lassen sich keine minderwertigen Teile anderer Firmen einbauen. Die Firmware muss beim Booten weder fremde Speichermodule noch PCIe-Karten erkennen und einbinden. Updates für Betriebssystem, Treiber und Firmware kommen aus einer Hand.

Treten dennoch Probleme auf, haben Apple-Geräte den Vorteil, dass es in jeder Produktgeneration nur wenige Varianten gibt – folglich nutzen Tausende Menschen die gleiche Hardwarekonfiguration mit (fast) identischer Firmware und Software. Fehlerquellen lassen sich deshalb oft leichter und schneller eingrenzen als bei Windows-PCs und -Notebooks mit ihren zahllosen Konfigurationsunterschieden: Hardwarekomponenten in verschiedenen Revisionen, abweichende Stände von Firmware, BIOS und BIOS-Setup, mehrere Windows-Versionen mit unterschiedlichen Gerätetreibern.

Intel-Chef Pat Gelsinger gibt sich kämpferisch: Er will Apple "zeigen, wie man noch bessere Prozessoren baut" und strebt die "unangefochtene Führung bei der CPU-Performance" an. Wie unsere Benchmarks belegen, ist der Vorsprung von M1 Max und M1 Ultra bei der reinen Rechenleistung längst nicht so gewaltig, wie Apples Werbung suggeriert. Der Vergleich hängt vielmehr stark von der Software ab und gar nicht so selten ziehen Core i7-12700, Ryzen 9 5950X oder Ryzen 7 5800X3D mindestens dem M1 Max davon, manchmal sogar dem M1 Ultra. Während die Ryzens mit vielen Kernen oder Riesencache punkten, hat Intel ein anderes As im Ärmel: Der Core i-12000 "Alder Lake" besteht ebenfalls aus P- und E-Kerne, aber seine E-Kerne sind viel stärker als die E-Kerne des M1. Daher bringen sie Software, die viele Threads auslastet, ordentlich auf Trab. Bei der Effizienz liegen jedoch viele x86-Prozessoren deutlich hinter M1-Chips – vor allem Intels "K"- und "KS"-Typen verheizen unter Last Strom, als gäbe es kein Morgen.

Im Herbst wollen Intel und AMD nachlegen, dann kommen sowohl Intel Core i-13000 (Raptor Lake) als auch AMD Ryzen 7000 (mit Zen-4-Architektur). Laut Glaskugel könnte Apple schon vorher den neuen M2 bringen, vermutlich von TSMC mit der Fertigungstechnik N3 produziert (M1: N5). Doch vom M2 dürfte zunächst die sparsamste "Normalversion" kommen für ein MacBook Air und den Mac mini, so wie Apple den M1 im Herbst 2020 zuerst auch in dieser Geräteklasse vorstellte und M1 Pro und Max erst 2021 folgten.

Denkt man dieses Zeitraster weiter, ist 2023 ein M2 Pro zu erwarten und vielleicht erst 2024 ein M2 Ultra. Ebenfalls 2024 wäre die erste Version des M3 fällig, bei der Apple aber keinen großen Vorteil aus besserer Fertigungstechnik ziehen könnte. Denn die nächste TSMC-Fertigungstechnik N2 soll erst 2026 reif für die Serienfertigung werden.

Intel will 2023 die 14. Generation "Meteor Lake" des Core i auf den Markt bringen und 2024 dann "Arrow Lake", jeweils mit verbesserter Mikroarchitektur und Fertigungstechnik. 2025 soll "Lunar Lake" folgen und man munkelt, dessen CPU-Kerne namens "Royal Core" vollbrächten wahre Effizienzwunder. Zudem hofft Intel, bis Ende 2025 bei der Fertigungstechnik an TSMC vorbeizuziehen. Bisher sind das aber nur Versprechungen und Spekulationen.

Auch AMD hat verkündet, die Effizienz enorm steigern zu wollen, schreitet aber gemütlicher voran. 2024 dürfte mit Zen 5 ebenfalls eine Kombination aus P- und E-Kernen kommen, zu Zen 6 gibt es kaum Informationen.

Der Arbeitsspeicher von M1-Rechnern lässt sich nicht aufrüsten, weil die RAM-Chips wie bei Grafikkarten direkt neben dem M1-Chip aufgelötet sind, um sehr hohe Datentransferraten zu liefern.

(Bild: Apple)

Manche Apple-Fans prophezeien wegen der attraktiven M-Prozessoren und der angeblich überlegenen ARM-Mikroarchitektur das baldige Ende der x86-Chips. Doch das sieht nicht einmal ARM so. Das Unternehmen kämpft derzeit vielmehr um neues Wachstum und betont, dass die Apple-Kerne dem eigenen Unternehmen finanziell wenig bringen, weil sie andere ARM-Kunden nicht nutzen können.

Dass M1-Kerne so stark und effizient sind, liegt vor allem an Apples gezielten Optimierungen (siehe oben) und weniger an ihrer ARM-Kompatibilität. Die von ARM selbst entwickelten "Cortex"-Prozessorkerne sind viel schwächer. Deshalb verkauft außer Apple bisher kein anderer Chiphersteller ARM-Prozessoren, die mit x86-Prozessoren für PCs und Notebooks mithalten. Qualcomm plant 2023 einen Angriff mit ARM-kompatiblen "Nuvia"-Kernen, enttäuschte aber bislang mehrfach die Erwartungen mit Snapdragon-Chips für zwar lüfterlose, aber lahme und teure Windows-Notebooks.

Windows und Linux auf M1-Macs

Anders als auf Macs mit Intel-Prozessoren lässt sich Windows auf M1-Macs nicht parallel als alternativ bootbares Betriebssystem installieren. Um Windows-Programme auf M1-Macs nutzen, braucht man Software wie Parallels Desktop 17 for Mac oder Codeweavers CrossOver Mac 21. Parallels Desktop kostet 100 Euro, als Upgrade 50 Euro oder im Abo 80 Euro jährlich. CrossOver Mac kostet ab 60 Euro.

Parallels Desktop stellt eine virtuelle Maschine bereit und installiert darin auf Wunsch mit wenigen Mausklicks Windows – doch es muss die Windows-Version für ARM-Prozessoren sein. Die wiederum enthält eine Emulationsschicht für x86-Software, durch die auch 3D-Spiele laufen, sofern sie keine DirectX-12-Funktionen benötigen. Weil jedoch manche Windows-x86-Software auf ARM-Windows den Dienst verweigert, hilft nur ausprobieren.

Eine Lizenz für ARM-Windows-11 können Endkunden bisher nicht direkt kaufen. Stattdessen funktioniert laut Parallels der Lizenzschlüssel für eine x86-Windows-11-Version.

CrossOver Mac basiert auf der Windows-Ausführungsschicht WINE für Linux. Man muss daher keine Windows-Lizenz kaufen, sondern installiert Windows-Programme direkt. Mit vielen funktioniert das angeblich sehr gut – aber nicht mit allen. Daher sind wiederum eigene Tests nötig.

Mehrere Linux-Distributionen gibt es als ARM-Versionen, die unter Parallels Desktop auf M1-Macs laufen. Das Asahi-Projekt hat eine Betaversion seines Desktop-Linux veröffentlicht, welches sich parallel zu macOS installieren lässt.

Nur für Server gibt es ernsthafte x86-Konkurrenz mit ARM-Technik, im Wesentlichen den von Amazon entwickelten "Graviton" für die hauseigene AWS-Cloud.

Eine Verdrängung von x86-Prozessoren durch ARM-Chips auf breiter Front ist derzeit nicht zu erkennen. Der größte Teil des PC-Markts interessiert Apple bisher nicht. Im Vergleich zu älteren Macs hat Apple die Installation von Windows auf M1-Geräten sogar erschwert, was potenzielle Umsteiger eher abschrecken dürfte. Apple konzentriert sich auf profitable und ziemlich teure Notebooks, All-in-One-PCs und Workstations. Auf absehbare Zeit bleibt ein großer Markt für x86-Prozessoren übrig.

Auch Intel kombiniert beim Core i-12000 starke P-Kerne mit effizienteren E-Kernen, hier dunkel- und hellblau markiert. Intels E-Kerne sind aber stärker als die des M1.

(Bild: Intel)

Unser Technikvergleich, ein Leistungsvergleich von Macs und Intels für die Musikproduktion und für Foto- und Videobearbeitung zeigen, wie anspruchsvoll ein Vergleich der Apple-M1-Prozessoren mit x86-Chips von AMD und Intel ist. In jedem Anwendungsbereich kommt es sehr stark auf die Software an. Zudem binden viele Kreativ-Apps die GPU ein, was das Bild zusätzlich verzerrt. Tritt man beim Vergleich einen Schritt zurück, geraten die systematischen Unterschiede zwischen den Plattformen macOS und Windows in den Blick. Apple lockt Käufer mit einzigartiger Hardware wie dem Mac Studio in den gepflegten macOS-Garten, zieht aber immer höhere Zäune darum. Wer hingegen auf dem x86-Acker gärtnert, erntet individuellere Gewächse, aber auch mehr Unkraut.

Letztlich lautet die einfache Empfehlung: Wenn das gewünschte Programm auf dem Mac Studio flink läuft, ist er eine gute Wahl. Wer hingegen bei der Software flexibel ist, spart mit einem Windows-PC einiges Geld, benötigt für gute Resultate jedoch Geschick bei der Konfiguration – oder Glück beim Kauf.

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(ciw)