LNG und REPowerEU als umweltpolitische Zerreißproben

Pläne der Bundesregierung und der EU-Kommission, die Energieversorgung von Russland unabhängig zu machen, stoßen umweltpolitisch an Grenzen. Und auf Kritik.

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Schweinswale könnten zu einem Symbol dafür avancieren, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien mit dem Naturschutz kollidiert.

(Bild: Ecomare/Sytske Dijksen, CC BY-SA 4.0)

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Die Pläne des grünen Bundeswirtschaftsministers Robert Habeck, in der Energieversorgung verstärkt auf Flüssiggas (Liquefied Natural Gas, LNG) zu setzen, stoßen in Umweltverbänden und auch der eigenen Parteijugend auf Kritik. Timon Dzienus, Co-Bundessprecher der Grünen Jugend, bezeichnete es laut RND als einen Fehler, jetzt so viel Hoffnung und Geld in die Flüssiggas-Infrastruktur zu stecken.

Auch eine Etage höher, auf EU-Ebene, gibt es Kritik an energiepolitischen Plänen, die die EU-Kommission am Mittwoch mit "REPowerEU" bekannt gab. Die Umweltorganisation BUND sieht grundsätzlich eine gute Stoßrichtung, allerdings enthielten die Pläne "hochproblematische Elemente", durch die der Naturschutz in Europa geschwächt werden könne.

Die EU-Kommission hatte am Mittwoch darauf verwiesen, dass die EU in dem Bestreben, von Energieimporten aus Russland unabhängig zu werden, inzwischen unter anderem durch LNG-Einfuhren in Rekordhöhe vorangekommen sei. Ziel sei, insgesamt auf erneuerbare Energien zu setzen, für eine Übergangszeit sei es aber nötig, auf Erdgas zu setzen.

Das ist auch der Hintergrund des " LNG-Beschleunigungsgesetzes " (PDF), das am heutigen späten Abend im Bundestag zur Abstimmung steht. Um das LNG in Deutschland anlanden, regasifizieren und weiterleiten zu können, müsse die LNG-Importinfrastruktur ausgebaut werden. Der junge Grüne Dzienus kritisiert daran die Übergangsfrist bis 2043; sie sei zu lang, die Umstellung auf grünen Wasserstoff werde verzögert.

Ein Kernpunkt des Gesetzentwurfs ist, den Genehmigungsbehörden zu ermöglichen, vorübergehend und "unter klar definierten Bedingungen von bestimmten Verfahrensanforderungen, besonders bei der Umweltverträglichkeitsprüfung, abzusehen". Ähnliches sieht die EU-Kommission vor, wenn sie schreibt, "die Mitgliedstaaten sollten spezielle 'go-to'-Gebiete für erneuerbare Energien einrichten, das heißt Gebiete mit geringeren Umweltrisiken und mit verkürzten und vereinfachten Genehmigungsverfahren".

BUND-Vorsitzender Olaf Bandt meint dazu, Vorranggebiete für Wind- und Solarenergie auszuweisen könne helfen, den Ausbau zu beschleunigen. "Dass aber innerhalb dieser Gebiete Umwelt- und Naturschutzrechte de-facto aufgehoben werden und die Mitwirkung der Bürger*innen geschwächt wird, ist nicht akzeptabel und geht an den wahren Problemen der Energiewende vorbei."

In diese Richtung zielt auch die Kritik des Europäischen Umweltbüros (EBB), in dem 170 Umweltorganisationen aus 35 Ländern vertreten sind. Es spricht von einem "beispiellosen Schub für erneuerbare Energien", gleichzeitig untergrabe REPowerEU Umweltgesetzgebung.

Für die Denkfabrik Agora Energiewende zielt der Plan der EU-Kommission zu wenig auf konkrete und kurzfristige Schritte, mit denen die Nachfrage nach fossilen Brennstoffen in Europa gesenkt werden könnten. Damit werde die Chance vertan, gleichzeitig Europa energiesouverän zu machen und die Klimaziele zu erreichen.

Unternehmen, die E-Fuels, also synthetische Kraftstoffe als gute klimaneutrale Alternative sehen, zeigen sich ebenfalls enttäuscht von REPowerEU. Die EU-Kommission habe, anders als von ihr selbst angekündigt, immer noch keinen delegierten Rechtsakt zu den Strombezugskriterien für grünen Wasserstoff und seine Folgeprodukte wie eFuels vorgelegt. Dabei werde dringend ein pragmatischer Vorschlag gebraucht, um E-Fuels in den Markthochlauf zu schicken, sagte Monika Griefahn, Sprecherin der "eFuels Alliance".

Zum Thema LNG fügte das EBB an, dass die EU-Kommission russische fossile Energieträger im Prinzip lediglich durch fossile Energie aus anderen Quellen ersetzt. Zudem sei LNG viel kohlendioxidträchtiger als russisches Gas. Für die Grüne Jugend erscheint problematisch, dass sich Deutschland zum Beispiel durch LNG-Lieferungen aus Katar, für die Habeck vor Ort geworben hatte, von einem anderen politisch bedenklichen Land abhängig machen werde.

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Habeck hatte kürzlich auf RTL die Deutsche Umwelthilfe (DUH) vor einer Klage gegen die geplanten Flüssiggas-Terminals gewarnt. Die DUH meint, mit dem Bau könnten Unterwasser-Biotope unumkehrbar zerstört werden, zudem würden Schweinswale gefährdet. Habeck betonte, er sei in der Bundesregierung der größte Schweinswal-Fan. Eine Klage gegen die Terminals könne aber im Zweifelsfall dazu führen, dass Deutschland von Putin abhängig bleibe.

(anw)