Digitales Gesundheitswesen: Kassenärzte erwarten "grundlegende Kurskorrekturen"

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung fordert von der Agentur für digitale Medizin unter anderem, "Baustellen schnellstmöglich zu beheben".

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(Bild: SOMKID THONGDEE/Shutterstock.com)

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Deutschlands Kassenärzte verlangen mehr Praxistauglichkeit und Verlässlichkeit bei der Digitalisierung des Gesundheitssystems. Die "akuten Baustellen der Telematikinfrastruktur (TI) müssen schnellstmöglich behoben werden", erklärten die Vertreter der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) bei ihrer Vertreterversammlung. Zudem solle die mehrheitlich in der Hand des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) liegende Gematik GmbH einen flächendeckenden Support für die IT auch bei Feldversuchen gewährleisten. Eine Situation wie derzeit dürfe sich in den kommenden Jahren nicht wiederholen.

Für weitere Digitalisierungsschritte hat die KBV einen Anforderungskatalog erstellt. Neben Komponenten und Anwendungen für eine sichere Anbindung an das "Internet für die Gesundheit" fordern die Vertreter unter anderem ein "verbindliches Testkonzept". Eine kontrollierte Einführung der Infrastruktur, "kompetente IT-Dienstleister" sowie eine Hotline, bei der sich Ärzte und Psychotherapeuten bei TI-Problemen melden können, wird ebenfalls gewünscht. Für eine "reibungslosen Implementierung" der nötigen Anwendungen soll das BMG auf die TI spezialisierte IT-Dienstleister verpflichten. Die bisherige Transparenz-Initiative der Gematik soll um das Kriterium "TI-Fähigkeit sämtlicher Praxisverwaltungssysteme" hinsichtlich einzelner Anwendungen erweitert und bei weiteren Entscheidungen berücksichtigt werden.

Der anstehende Austausch der Konnektoren für die Anbindung an die Telematikinfrastruktur soll nicht nur rechtzeitig und reibungslos organisiert, sondern auch komplett finanziert werden. Die Vertreter sehen das BMG in der Pflicht, kompetente Dienstleister zur Verfügung zu stellen – etwa, um die TI-Anwendungen in den Praxisalltag zu integrieren. Ebenso bräuchte es Informationskampagnen seitens der Krankenkassen zur Aufklärung der Versicherten sowie seitens der Hersteller mit Fortbildungspunkten für die Praxen.

Der Datenschutz soll ebenfalls gesetzlich geregelt werden. Die Verantwortung dürfte hierbei allerdings nur so weit reichen, wie die Anwender sie beeinflussen können. Die TI inklusive aller Komponenten werde als „staatliches Ziel und Aufgabe“ gesehen, daher soll die Bereitstellung der erforderlichen Komponenten beim Staat liegen und „auf die Versorgung ausgerichtet“ sein. Ausfälle, Systemabstürze – etwa durch elektrostatische Aufladungen der elektronischen Gesundheitskarte – sowie unausgereifte Anwendungen, fehlende Interoperabilität der unterschiedlichen Systeme und Komponenten etc. würden zu Frust führen. Kaum etwas funktioniere reibungslos, vielmehr werden die Praxisabläufe und damit die Versorgung erheblich beeinträchtigt.

In einer weiteren Resolution betonen die Ärzte, dass die Digitalisierung einer "Ent- und nicht der Rebürokratisierung" dienen soll. Von Gesundheitsminister Karl Lauterbach wollen Ärzte und Psychotherapeuten, dass Digitalisierungsprojekte erst nach erfolgreicher Testphase in die flächendeckende Versorgung kommen. Die Gematik müsse dazu "die Interessen ihrer Gesellschafter berücksichtigen und darf sie nicht übergehen". Modellregionen sollten dabei selbst entscheiden dürfen, ob sie Teil eines Tests sind.

Nach Angaben der KBV versuche die Gematik seit Jahren und "mit zunehmender Intensität, eine Digitalisierung mit der Brechstange voranzutreiben". Arztpraxen würden mit einer nicht funktionierenden Infrastruktur konfrontiert, die die Praxisabläufe behindere. Nichtmal die Bundesregierung – die in Zusammenhang mit der Digitalisierung einen Fahrplan zugesichert hatte, bei dem alle Akteure gemeinsam an dem Prozess arbeiten – bremse die Gematik bei ihrem Vorhaben, etwa bei der Einführung des E-Rezepts ohne ausreichendes Testverfahren.

(mack)