Karl Lauterbach bekräftigt Pläne zur elektronischen Patientenakte für alle

126. Deutscher Ärztetag: Für die elektronische Patientenakte will Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) das Opt-Out-Verfahren anwenden.

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Gesundheitsminister Karl Lauterbach auf dem 126. Deutschen Ärztetag

(Bild: Bundesärztekammer)

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Nur wer per Opt-out widerspricht, bekommt sie nicht: So möchte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) die elektronische Patientenakte regeln. Somit wird für jeden gesetzlich versicherten Bürger automatisch eine eigene, elektronische Patientenakte (ePA) angelegt – wer das nicht möchte, kann widersprechen. Damit bestärkt er die im Koalitionsvertrag aufgeführten Pläne der Ampelkoalition. In der ePA sollen beispielsweise Krankenhausdaten bereitgestellt werden, aber auch Notfalldaten, die der Arzt in der Praxis abrufen kann. Ärzte können damit auch Zugang zu Labordaten und Befunden erhalten. Sobald das System reibungslos funktioniere, würde es einen "spürbaren Nutzen der ePA" geben. Das sagte Lauterbach auf dem 126. Ärztetag in Bremen.

Gesundheitsminister Karl Lauterbach habe die elektronische Patientenakte (ePA) während seiner Zeit als Berater der Bundesregierung nach eigenen Angaben "mitgeboren". Um die ePA nach zwanzig Jahren weiterzubringen, müssten sowohl die Bundesärztekammer, die Kassenärztliche Bundesvereinigung, der Hausarztverband, die Gematik und das Ministerium Lauterbach zufolge zusammenarbeiten. Gemeinsam müsse entschieden werden, welche Anwendungen zuerst funktionieren können. Bei dem gesamten Prozess dürfe nach Aussagen von Lauterbach nicht die Technik dominieren, sondern die medizinischen Ziele.

Alle Dienste der TI müssten nach den Ausführungen des Präsidenten der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, Krankenkassen, Apotheken, Arztpraxen und weiteren Akteuren fehlerfrei zur Verfügung stehen. Bis Ende 2021 hatte es lediglich 42 abgerechnete E-Rezepte gegeben. Reinhardt bedankte sich in diesem Zusammenhang bei Lauterbach dafür, dass er die Einführung des E-Rezepts als eine der ersten Amtshandlungen zunächst auf Eis gelegt hatte.

Außerdem ist es der Ärzteschaft wichtig, dass die Anwendungen zuvor fehlerfrei implementiert wurden – hierbei sei Gründlichkeit wichtiger als die Geschwindigkeit der Entwicklungen. In einer vergangenen Gesellschafterversammlung der Gematik waren hierfür Qualitätskriterien festgelegt worden – etwa, dass vor einer flächendeckenden Einführung mindestens 30.000 E-Rezepte bis zum Sommer erfolgreich abgerechnet werden sollen. Alle Gesellschafter müssten die Kriterien vor der Einführung als erfüllt ansehen. Ein in der TI verankertes Notfalldatenmanagement und einen funktionierenden Kommunikationsdienst nannte Reinhardt als Akzeptanz fördernd für die ePA.

Diese Voraussetzungen bezeichnete Reinhardt als essenziell. Sie dürften weder "aufgeweicht" noch "politisch instrumentalisiert" und erst nach "bewiesener Alltagstauglichkeit" verpflichtend werden. Gerade in Hinblick auf eine drohende Ruhestandswelle, insbesondere bei niedergelassenen Ärzten, dürfte eine nicht ausreichend funktionierende Digitalisierung "ältere Kollegen aus Frust nicht noch früher als geplant" in den Ruhestand treiben. "Wir brauchen mindestens 15 Prozent mehr Studienplätze in der Humanmedizin, um die Versorgung stabil zu halten", mahnte Reinhardt.

Zudem kritisierte er eine Kommerzialisierung der Medizin, die zunehmend den Alltag der Ärzte bestimme. Demzufolge werden Ärzte von Kostenträgern, Kliniken und Investoren auch im ambulanten Bereich immer öfter dazu angehalten, in "betriebswirtschaftlichen Dimensionen zu denken und zu handeln".

Sowohl Lauterbach als auch Reinhardt kritisierten in diesem Zusammenhang das DRG-System (Diagnosis Related Groups) – an dessen Einführung Lauterbach nach eigenen Angaben maßgeblich beteiligt war – in der Form, in der es derzeit existiert. Da bei diesem System die Wirtschaftlichkeit einer Behandlung im Mittelpunkt stellt, bezeichnen Kritiker es auch als "blutige Entlassung", wobei die Grundlagen dafür die Krankenkassen liefern. Demnach verbleiben Patienten aufgrund verschiedener Kriterien häufig so lange im Krankenhaus, wie es am profitabelsten ist.

Lauterbach plädierte für ein hybrides DRG-System, das mehr vom speziellen Fall abhängt. Es werde ein System benötigt, das näher am "Selbstkostendeckungsprinzip"ist – also nicht gewinnorientiert. Nach Angaben von Lauterbach könnten bestimmte Leistungen ausschließlich stationär, im Krankenhaus, erbracht werden. Mit einer Krankenhausreform sollen sich die Kosten künftig aus drei Komponenten zusammensetzen, einem Sockelbetrag, den Fixkosten und den variablen Kosten. Im Rahmen der Reform sollten nicht notwendige Krankenhäuser zudem geschlossen werden.

(mack)