Abgeschaltet: libspotify-Aus legt selbstgebastelte Musikboxen für Kinder lahm

Der Kreis der Betroffenen ist überschaubar, aber Tausende Stunden des Bastelns sind dahin. Warum Spotify Entwicklern keine gleichwertige Alternative liefert.

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(Bild: Shutterstock)

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Am 16. Mai 2022 hat der Musikstreamingdienst Spotify seinen Worten aus dem Jahr 2015 Taten folgen lassen: Mit libspotify wurde eine bei Hobbyentwicklern offenbar beliebte Schnittstelle für die Programmiersprache C abgeschaltet. In einem Supportforum äußerten Betroffene großen Unmut. Eine von Spotify genannte Alternative sehen sie nicht als gleichwertig an.

Die Verzögerung von immerhin sieben Jahren zwischen Ankündigung und Abschaltung zeigt, dass sich offensichtlich auch die Verantwortlichen bei Spotify darüber im Klaren waren, dass der Schritt sehr unpopulär sein wird. In einem Forenpost legte ein Nutzer zum Beispiel dar, dass er mittels der Schnittstelle eine Radiobox für seine eineinhalbjährige Nichte gebastelt hatte, die sie altersgerecht selbst bedienen konnte. Auch andere Nutzer meldeten sich, die ähnliche Boxen mittels eines Raspberry Pi gebastelt hatten, die zum Teil mit RFID-Karten von Kindern gesteuert wurden.

Spotify selbst äußerte sich nur in einem Blogpost am 12. April. Josh Brown, eine Art Entwickler-Ombudsmann, kündigte darin an, dass die Programmierer rechtzeitig Alternativen implementieren sollten. Eine Anfrage von heise online an Spotify blieb unbeantwortet. Auch auf die Einträge der Entwickler im Forum wurde nicht reagiert.

Das von Spotify empfohlene Web Playback SDK sehen die verärgerten Entwickler nicht als gleichwertige Alternative an, da es über einen Webbrowser verwendet werden muss und damit die Möglichkeiten deutlich eingeschränkt sind. Dies betrifft insbesondere Geräte, die ohne eine Bildschirmanzeige auskommen sollen. Bereits 2018 nahm Spotify die Library-Dateien vom Netz, die aber in Archiven weiterhin abrufbar blieben.

Mehrere der Hobbyentwickler haben angekündigt, ihre Premium-Abos zu beenden. Angesichts von 165 Millionen Premium-Nutzern dürften sich die Auswirkungen auf Spotifys Kundenstamm allerdings in Grenzen halten. Umgekehrt ermöglichten es offene Schnittstellen wie libspotify, Alternativen zu den offiziellen Apps Spotifys zu entwickeln, die bei einer größeren Verbreitung für den Anbieter zum Problem werden könnten. Was am Anfang für die jungen Dienste von großem Interesse ist, um an Reichweite zu gewinnen, kann nach Erreichen einer größeren Kundschaft zum Beispiel dazu führen, dass Entwickler attraktivere Alternativen zu den offiziellen Apps entwickeln. Diese könnten etwa Apps Werbung ausschalten, über die sich die Dienste zum Teil finanzieren. Der Fall erinnert an Twitter, das seine API vor einigen Jahren auch drastisch einschränkte, dann aber wieder eine verbesserte Schnittstelle veröffentlichte.

(mki)