Natürliches Metamaterial: Mottenflügel schlucken Schall

Die filigranen Mikrostrukturen von Mottenflügeln eignet sich als Vorlage für hauchdünne, leichte und dennoch effiziente Schallschutzschichten.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 18 Kommentare lesen

Die Flügel dieses Chinesischen Eichenseidenspinner eignen sich hervorragend als dünne Schallschutzschicht.

(Bild: (c) University of Bristol)

Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Jan Oliver Löfken

Die Evolution bescherte Fledermäuse und Motten immer bessere Ortungs- und Abwehrstrategien. Finden die flinken Jäger ihre Beute effizient über die Reflexion von Ultraschallwellen, schützen sich Motten mit schallschluckenden Strukturen auf ihren Flügeln vor einer zu einfacher Ortung.

Britische Forschende von der University of Bristol überprüften nun, ob solche Mottenflügel auch als Schallschutz geeignet sind. Erste Versuche bestätigten eine starke Absorption kurzer Schallwellen von knapp 90 Prozent.

Für ihre Untersuchungen warfen Marc Holderied und seine Kollegen einen genauen Blick auf die filigranen Strukturen der Mottenflügel vom Chinesischen Eichenseidenspinner (Antheraea pernyi). Unter dem Elektronenmikroskop erkannten sie eine symmetrisch aufgebaute Struktur, die sich aus einigen Mikrometern großen Schuppen zusammensetzte. Die Schuppen selbst wiederum wiesen eine Mikrostruktur aus zahlreichen, nur etwa einen Mikrometer kleinen Rippen. Dieses natürliche Metamaterial ist für die Absorption von Schallwellen über einen weiten Frequenzbereich verantwortlich.

Als Grundlage für weitere Versuche züchteten die Forschenden einige Dutzend Motten heran und töteten sie über ein Schockfrosten. Die Mottenflügel platzierten sie auf eine schallharte Aluminiumscheibe. Auf diese sendeten sie nun kurze Schallpulse über einen weiten Frequenzbereich von 15 bis 160 Kilohertz. Darauf analysierten sie die Intensität der reflektierten Schallwellen. Tatsächlich verschluckten die hauchdünnen Mottenflügel Schallwellen über einen weiten Frequenzbereich mit einem Maximum von 87 Prozent bei 20.000 Hertz. Selbst der Einfallswinkel der Schallwellen spielte dafür kaum eine Rolle.

Nur ein winziger Hohlraum zwischen Mottenflügel und Aluminiumscheibe – quasi eine dünne Luftschicht – wirkte sich auf das Absorptionsverhalten aus: Je größer die Luftschicht zwischen 0 und 350 Mikrometern war, desto niedrigere Frequenzen wurden absorbiert.

Diese Studie zeigt, dass die filigranen Strukturen von Mottenflügeln die Grundlage für einen effizienten, bionischen Schallschutz legen können. Von Vorteil ist dabei vor allem die geringe Dicke, die bei etwa einem Fünfzigstel der Schallwellenlänge liegt. „Motten liefern damit die Vorlage für eine neue Generation von schallabsorbierenden Materialien“, sagt Marc Holderied. In weiteren Schritten könnten nun Schallschutzschichten mit ähnlichen filigranen Mikrostrukturen wie in den Mottenflügeln künstlich gefertigt werden. Holderied hält damit extrem dünne Schallschutz-Tapeten oder auch besonders leichte Schallabsorber im Fahrzeug- und Flugzeugbau für möglich.

Update

Frequenzangaben korrigiert.

(bsc)