Musikstreamer Deezer floppt beim Börsengang

Mit bescheidenem Erfolg ist Deezer am Dienstag erstmals an der Pariser Börse gehandelt worden. Die Aktien sind um 30 Prozent gefallen.

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Ein Schlagzeug-Set mit Aufschrift "Major Funk", links daneben ein Lautsprecher und eine elektrische Kastenhalslaute

Das Symbolbild zeigt das Schlagzeug auf einer Bühne der kanadischen Funk-Gruppe Major Funk.

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

Lesezeit: 4 Min.

Der französische Musikstreamer Deezer ist nun doch börsennotiert: Der Börsengang erfolgte am Dienstag an der Pariser Euronext. Der Zuspruch von Investoren konnte mit Verkaufsaufträgen bestehender Teilhaber aber nicht mithalten. So ist der Aktienkurs zwischenzeitlich um 35 Prozent gefallen. Das Wertpapier hat den ersten Handelstag mit einem Minus von fast 30 Prozent beendet.

Deezer streamt Musik, Radioprogramme, Hörspiele, Hörbücher und Podcasts. Es gibt eine gebührenfreie Variante sowie kostenpflichtige Abos. Marktforscher beziffern den globalen Anteil am Streamingmarkt mit lediglich zwei Prozent, doch im Heimatland Frankreich (29%) sowie in Brasilien (17%) hat sich das Unternehmen bedeutende Marktpositionen erarbeitet. Für Deutschland hat Deezer im Herbst eine Marketingkooperation mit RTL bekanntgegeben.

Geld verdient Deezer keines. Der Betriebsverlust ist zuletzt sogar gestiegen, von 88 Millionen Euro im Jahr 2020 auf 121 Millionen Euro 2021. Von seinen Mitbewerbern hebt sich die 2010 gegründete Firma vor allem durch bessere Tonqualität ohne Aufpreis auf den Abopreis ab. Außerdem setzt sich Deezer für neuartige Musik-Lizenzen ein, um mehr Fairness bei der Verteilung der Tantiemen zu schaffen. In dem 2017 vorgeschlagenen Modell würden die Abogebühren jeden Hörers entsprechend seines Hörverhaltens ausgeschüttet, ohne Berücksichtigung anderer User. Das würde Streaming-Betrug erschweren, doch haben die Rechteinhaber bislang nicht zugestimmt.

Bereits 2015 plante das Unternehmen einen Börsengang. Doch wenige Tage vor der Umsetzung legte Deezer seine Börsenpläne auf Eis. Eine Rolle spielte damals der Kurssturz des Internet-Radiodienstes Pandora. Anleger waren über Quartalszahlen enttäuscht, Pandora-Aktien brachen an einem Tag fast 36 Prozent ein. Solch ein Schicksal wollte sich Deezer damals ersparen, hat es jetzt mit minus 30 Prozent allerdings kaum besser getroffen.

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Deezers Börsengang war kein klassischer mit öffentlichem Verkauf von Aktien zu einem Fixpreis (Initial Public Offering, IPO), sondern erfolgte durch eine so genannte SPAC (Special Purpose Acquisition Company) namens I2PO. Eine SPAC wird nur dazu gegründet, Geld von Investoren einzusammeln, ohne eigentliche Geschäftstätigkeit an der Börse zu notieren, und dann mit einer noch nicht börsennotierten Firma zu verschmelzen. Für diese Firma ist das eine günstige Abkürzung auf dem Weg an die Börse.

In den letzten zwei Jahren waren SPAC-Börsengänge besonders beliebt. Allerdings haben sich viele SPAC-Unterfangen als verlustreich entpuppt. Zudem machen steigende Zinsen spekulative Investitionen weniger attraktiv, so dass der Zulauf zu SPAC ins Stocken geraten ist. Die Investoren wissen zum Zeitpunkt ihrer Einzahlung in die SPAC meist noch gar nicht, in welches Unternehmen ihre Gelder später investiert werden. Da die SPAC börsennotiert ist, können sie ihre Anteile aber wieder verkaufen. Das dürfte auch im Falle Deezers passiert sein: Mitte Juni fielen die I2PO-Aktien um 15 Prozent auf 8,50 Euro. Das war auch der Einstandskurs am Dienstag, von wo es zwischenzeitlich bis auf 5,52 Euro hinunterging, bis zum Handelsschluss wieder ein Kurs von sechs Euro erreicht wurde.

I2PO ist eine Gründung des französischen Bankers Matthieu Pigasse und des französischen Geldadeligen François-Henri Pinault, der mit der Schauspielerin Salma Hayek verheiratet ist. I2PO hat 275 Millionen Euro aufgestellt.

Die bisherigen Deezer-Aktionäre konnten ihre Aktien abschreiben oder in Verbindung mit Einzahlung frischer Summen in Aktien des neuen, börsennotierten Unternehmens eintauschen. Die meisten haben letztere Möglichkeit genutzt, was weitere 135 Millionen Euro in Deezers Kasse spült. Zu den neuen alten Aktionären zählen beispielsweise das Königreich Saudi-Arabien, die Plattenlabel Universal Music Group und Warner Music, der französische Telecom- und Medien-Magnat Xavier Niel, der Netzbetreiber Orange und die staatliche Investmentbank Bpifrance.

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(ds)