Prüfbericht: Weltraumteleskop James Webb wird "fundamentale Durchbrüche liefern"

Seit Wochen versichern die Verantwortlichen, dass das Weltraumteleskop besser funktioniert als erwartet. Ein gut lesbarer Bericht begründet diese Aussage jetzt.

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JWST-Aufnahmen des Jupiter

(Bild: Characterization of JWST science performance from commissioning, Jane Rigby et.al)

Lesezeit: 4 Min.

Das Weltraumteleskop James Webb ist "vollumfänglich in der Lage, die Entdeckungen zu machen, für die es gebaut wurde", fast in allen Bereichen ist es leistungsfähiger als erwartet. Das ist die zentrale Bilanz von über 600 Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen, die an der sechsmonatigen Inbetriebnahme des Instruments beteiligt waren.

Ziel der Entwicklung des Weltraumteleskops sei es gewesen, "fundamentale Durchbrüche für unser Verständnis der Entstehung und Entwicklung von Galaxien, Sternen und Planetensystemen" zu liefern. "Wir wissen jetzt mit Sicherheit, dass es so sein wird", heißt es in dem 60-seitigen Abschlussbericht. Darin finden sich noch weitere Aufnahmen, die das Gerät gemacht hat. Aufsehenerregend sind zwei des Jupiter, die belegen, dass auch sich schnell bewegende Objekte im Sonnensystem ins Visier genommen werden können.

Wie das Team in dem jetzt veröffentlichten Bericht erläutert, war es ein wichtiger Teil der Vorbereitung des Teleskops, dessen Performance im All zu ermitteln. Herausgekommen ist dabei, dass die Optik besser ausgerichtet, die sogenannte Punktantwort (PSF) schärfer und die optische Leistung zeitstabiler ist, als in den Anforderungen. Das Feinsteuerungssystem richte das Gerät um ein Vielfaches präziser und genauer als gefordert. Zusammen mit weiteren Eigenschaften, bei denen die Anforderungen übererfüllt werden, sorgten diese Faktoren dafür, dass bei den meisten Messungen eine größere Sensitivität erreicht, als erwartet – zumeist um Dutzende Prozent. Die Beobachtungen im ersten Zyklus dürften also jeweils schneller abgeschlossen werden können als gedacht. Das James-Webb-Weltraumteleskop (JWST) werde also zumeist "schneller als erwartet tiefer" blicken.

Dem gut lesbaren Bericht liegen rund 2300 Beobachtungen zugrunde. Dazu gehören auch Aufnahmen von Objekten im Sonnensystem, die sich aus der Perspektive des Instruments vergleichsweise schnell bewegen. Um das zu unterstreichen, haben die Autorinnen und Autoren zwei Aufnahmen des Jupiter abgedruckt, die auch einige Monde des Gasriesen und sogar dessen Ringe zeigen. Die Beobachtung vergleichsweise schneller und vor allem heller Objekte habe vorab als herausfordernd gegolten, erläutern sie. Für das Infrarotteleskop sind sie aber möglich und die Nachverfolgung noch schnellerer Himmelsobjekte deute darauf hin, dass sogar erdnahe Asteroiden, sonnennähere Kometen und interstellare Objekte im Sonnensystem abgebildet werden könnten.

Die ersten wissenschaftlichen Aufnahmen des Weltraumteleskops James Webb (10 Bilder)

Die fünf "tanzenden Galaxien" in Stephans Quintett
(Bild: NASA, ESA, CSA, and STScI)

Kurz vor der Veröffentlichung der ersten vollfarbigen wissenschaftlichen Aufnahmen war das Weltraumteleskop am vergangenen Wochenende für voll einsatzfähig erklärt worden. Seit Sonntag arbeitet es die vorab festgelegten Forschungsziele ab. Welche das sind, kann online eingesehen werden. Das Forschungsteam verweist noch einmal darauf, dass das Weltraumteleskop über 20 Jahre forschen können dürfte – vorgesehen waren rund 10. Der Sonnenschutz und der riesige Hauptspiegel würden mit der Zeit aber unter Mikrometeoriteneinschlägen erodieren. Auch dann werde das Gerät weiter arbeiten können. Vor dem Start des Weltraumteleskops im Dezember seien außerdem 344 Single Point of Failure ausgemacht worden. Von denen würden jetzt noch 49 verbleiben, beispielsweise gebe es nur eine Antenne zur Kommunikation mit der Erde. Ein Drittel der 49 verbleibenden sei mit Instrumenten verbunden, hätte also keinen Komplettausfall zur Folge.

Das James-Webb-Weltraumteleskop (JWST) wird von den Weltraumagenturen NASA, ESA und CSA betrieben und wurde am 25. Dezember gestartet. Nachdem es sich selbst entfaltet hat, ist es einen Monat später am Lagrange-Punkt L2 angekommen. Hier blickt es abgewandt von Sonne, Erde und Mond ins All, sodass deren Wärmestrahlung das Infrarotteleskop nicht stört. Ein riesiger Schutzschirm blockt diese ab.

Die Betriebstemperatur des Geräts liegt bei 40 Kelvin (- 233 Grad Celsius), ein Instrument wurde sogar auf 6,4 Kelvin oder -267 Grad Celsius heruntergekühlt. Eine erste wissenschaftliche Aufnahme hatte am Montag US-Präsident Biden der Welt präsentieren dürfen, am Dienstag folgten weitere beeindruckende Bilder. Die sind so scharf, dass es einfach überall im Hintergrund Galaxien zu entdecken gibt.

Kalibrierungsbilder des Weltraumteleskops James Webb (5 Bilder)

Am Anfang war ein Durcheinander
(Bild: NASA/STScI)

(mho)