Rocky Linux 9: RHEL-Klon mit eigenem Build-System für schnelle Releases

Mit dem neuen Release bringt Rocky Linux seine Distribution auf den Stand von RHEL 9. Sie richtet sich an Nutzer des klassischen, aber abgekündigten CentOS.

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Von
  • Martin Gerhard Loschwitz

Das neue Rocky Linux 9 ist einer der inoffiziellen Nachfolger des abgekündigten CentOS. Jenes fungierte ursprünglich als Klon von Red Hat Enterprise Linux (RHEL), der ohne Lizenz zu nutzen war, dafür aber auch ohne Support daherkam. Red Hat stampfte die Distribution allerdings im Rahmen der Entwicklung von RHEL 9 ein und machte CentOS Stream stattdessen zum Missfallen vieler Nutzer zur Upstream-Distribution künftiger RHEL-Versionen. Administratoren mit bestehenden Systemen auf CentOS-Basis hätten damit theoretisch im Regen gestanden, hätten sich innerhalb der Community nicht flugs gleich mehrere selbsternannte Nachfolger gegründet.

Technisch ist zu Rocky Linux 9 schnell alles gesagt, weil die Distribution bug-kompatibel zu RHEL 9 ist und dessen sämtliche Änderungen erbt: Ein nicht mehr ganz frisches Linux 5.14 mit etlichen Zusatzpatches ist ebenso Teil des Paketes wie eine frische Laufzeitumgebung für Container, ein verbessertes SELinux sowie der omnipräsente NetworkManager, der die alten network-scripts endgültig ersetzt. Obendrauf kommt ein Haufen leidlich aktueller Software, den Red Hat – und mithin auch Rocky Linux – in Zukunft aber wohl über Container zu aktualisieren gedenkt.

Wer bestehende CentOS-8-Systeme betreibt, sollte diese mit einem eigens dafür bereitgestellten Skript des Projektes zunächst auf Rocky Linux 8 umstellen, um danach das Update auf Release 9 einzuspielen – seitens des Herstellers ist ein solches Update, wie bei RHEL 9, offiziell unterstützt.

Fast spektakulärer als die Änderungen in Rocky Linux selbst, bei denen der Anbieter naturgemäß wenig Spielraum hat, sind die Änderungen der eigenen Infrastruktur, die Rocky Linux gleichzeitig mit dem neuen Release veröffentlicht hat. Das Projekt ist mit seinem RHEL-9-Klon vergleichsweise spät dran, hat die Konkurrenz bei AlmaLinux doch etwa bereits vor über einem Monat ihre Version 9 eines RHEL-Klons vorgestellt. Das hat laut Aussagen der Entwickler allerdings handfeste Gründe: Im Hintergrund habe man nämlich an einem automatischen Build-Framework gebaut, um neue Versionen von Rocky Linux künftig (teil)automatisiert und mithin deutlich schneller unters Volk zu bringen.

Technisch ergibt das durchaus Sinn: Wie schon bei CentOS ergeben sich bei Rocky Linux im Vergleich zum Original vor allem Unterschiede im Hinblick auf Grafiken, das genutzte Red Hat-Logo oder zentrale Komponenten wie Red Hats Manager für Subskriptionen. Aus den RPM-Quellen – die Red Hat samt und sonders zur Verfügung stellt – neue Binärpakete mit anderen Grafiken zu bauen, lässt sich als Aufgabe allerdings ebenso leicht automatisieren wie das Entfernen einzelner Pakete aus der Paketliste der Zieldistribution. Übrig bleibt eine kleine Menge von Paketen, bei denen die Entwickler aus verschiedenen Gründen tatsächlich Hand anlegen müssen, sodass sich die Wartezeit zwischen einem RHEL- und einem Rocky-Linux-Release nach Möglichkeit auf wenige Wochen verkürzt.

Bei Rocky Linux 9 haben die Entwickler Teile der automatisierten Infrastruktur laut eigener Aussage bereits erfolgreich genutzt, sodass man sich für die Zukunft gewappnet sieht. Ob das selbst konstruierte Framework wirklich hält, was die Entwickler sich von ihm versprechen, wird aber wohl erst Rocky Linux 9.1 zeigen. Rocky Linux 9 steht als freies ISO-Abbild ab sofort zum Download bereit. Mit Google setzt inzwischen auch einer der großen Cloud-Provider auf Rocky Linux als CentOS-Nachfolger.

(fo)