Datenschutz-Verstöße bei Polizei und Verfassungsschutz in Bayern kritisiert

Bayerns Datenschutzbeauftragter kritisierte, dass Daten tausender Personen aus der Rasterfahndung nicht gelöscht werden, obwohl bei den Betroffenen keinerlei Verdachtsmomente vorliegen.

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Von
  • Holger Dambeck

Der Bayerische Datenschutzbeauftragte Reinhard Vetter beklagt diverse Datenschutzverstöße vor allem bei den Ermittlungsbehörden. In seinem 20. Tätigkeitsbericht kritisiert Vetter unter anderem, dass 92.000 Datensätze aus der nach dem 11. September eingeleiteten Rasterfahndung nicht gelöscht werden, obwohl bei den Betroffenen keinerlei Verdachtsmomente vorliegen. Das Innenministerium habe die Daten der Personen zwar gesperrt, wolle sie bislang aber nicht löschen. Dem Landesamt für Verfassungschutz warf Vetter vor, ohne eigene Befugnis zur Rasterfahndung Daten von Studenten, die es im Zusammenhang mit dem 11. September 2001 erhoben hatte, mit eigenen Dateien maschinell abgeglichen zu haben. Dieser Vorgang stelle eine Rasterfahndung dar, für den das Landesamt im Gegensatz zur Polizei kein Befugnis habe.

Vetter konstatierte, die Datenschützer von Bund und Ländern hätten sich "erfolgreich gegen einen generellen Abbau des Grundrechts auf Datenschutz gestellt", sich "notwendigen Klarstellungen und Erweiterungen" der Datenverarbeitungsbefugnisse der Sicherheitsbehörden zur Terrorismusbekämpfung aber nicht verweigert. Wesentliche Schutzvorschriften seien durch Befristung und Evaluierung der neuen Befugnisse erreicht worden. Vetter sagte: "Ich habe mich aber dagegen gewandt, dass das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz die neuen weitgehenden Auskunftsrechte auch zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität und jedes -- auch geringfügigen -- gewalttätigen Extremismus erhält." Genauso lehne er Initiativen zur Einführung der optischen Wohnraumüberwachung ab. "Der Videoangriff wäre ein Eingriff in den Kernbereich des Grundrechts auf Unverletzlichkeit der Wohnung."

Für das vom bayrischen Innenministerium am Grenzübergang Waidhaus probeweise eingeführte Kennzeichen-Scanning zum anlasslosen Erkennen gesuchter Fahrzeuge gibt es nach Vetters Auffassung keine gesetzliche Grundlage. Von einer Beanstandung habe er wegen des dreimonatigen Erprobungscharakters jedoch abgesehen, weil Daten Unbeteiligter nicht gespeichert würden. Für die endgültige Einführung besteht Vetter allerdings auf einer gesetzlichen Grundlage, die Einsatzbereiche sowie Speichervoraussetzungen und -grenzen regeln müsse.

In dem Tätigkeitsbericht sind außerdem Einzelfälle polizeilicher Missgriffe gegen unbescholtene Bürger dokumentiert. So wurde ein Tatvorwurf weiter gespeichert, obwohl die Staatsanwaltschaft das Verfahren wegen erwiesener Unschuld eingestellt hatte. Eine Bürgerin wurde zur Fahndung ausgeschrieben und festgenommen, weil eine Ziffer in der Kriminalakten-Nachweis-Nummer verwechselt wurde. Außerdem filmten Polizisten friedliche Gegendemonstranten bei einer NPD-Versammlung minutenlang, obwohl weder der Anfangsverdacht einer strafbaren Handlung vorlag noch Anzeichen, dass von diesen gewalttätige Handlungen zu befürchten seien. Die Videobänder seien dem Datenschutzbeauftragten erst nach langwierigem Schriftwechsel zur Kontrolle vorgelegt worden. Der vollständige Bericht des Datenschutzbeauftragen ist als PDF-Dokument zu bekommen. (hod)