Gegen den Blowup: Alternative Straßenbeläge können Hitzeschäden vermeiden

In Hessen werden Asphaltalternativen getestet, die Hitzeschäden vermeiden und Fahrbahnen durch Hitzespeicherung eisfrei halten können.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 42 Kommentare lesen

Straßenschäden wie Blow-Ups könnten durch spezielle Fahrbahnbeläge verringert werden.

(Bild: Pro Mobilität)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • dpa
Inhaltsverzeichnis

Hitze belastet nicht nur viele Menschen, sondern auch Straßen. Beton etwa versuche sich auszudehnen, erklärt Dirk Kronewald vom Straßen- und Verkehrsmanagement Hessen Mobil. "Dadurch entstehen Spannungen in Betonfahrbahnen. Bei altem und/oder vorgeschädigtem Beton kann es dann zum Bruch, dem sogenannten Blow-up, kommen." Asphalt werde durch Hitze weich und verforme sich, wenn durch Lkw immer wieder große Lasten auf ihn einwirken. "Dann bilden sich mit der Zeit Spurrinnen." In diesen längs verlaufenden Fahrbahnvertiefungen könne sich Oberflächenwasser sammeln, es könne zu Aquaplaning kommen.

In Hessen wird deshalb an Alternativen zum herkömmlichen Asphalt gearbeitet. In Offenbach etwa existiert seit Mitte 2020 eine Teststrecke, in der der zum Patent angemeldete Straßenbelag "Klimaphalt" verbaut ist. "Er besteht aus einem Straßenaufbau mit 60 Zentimetern Tiefe und einer hellen Oberfläche, die das Sonnenlicht besser reflektiert als dunkler Asphalt", erklärt Pressesprecher Fabian El Cheikh. Das Material, das der Offenbacher Tief- und Straßenbau-Unternehmer Lutz Weiler entwickelt hat, sei in der Lage Wasser zu speichern, das unter Sonneneinstrahlung verdunste und so zur Abkühlung der Umgebung beitragen könne.

Auf der 150 Quadratmeter großen Testfläche fahren laut El Cheikh auch Linienbusse. Es sei also ein Feldversuch unter normalen Bedingungen im innerstädtischen Bereich. An der Teststrecke in der Oberen Grenzstraße seien für einen solchen Test gute Bedingungen gegeben: "Es ist nahezu den gesamten Tag über Sonneneinstrahlung auf den Asphalt möglich, es sind keine Leitungen und Rohre im Boden verlegt und es besteht eine regelmäßige Belastung durch den Busverkehr."

Begleitet wird der Versuch vom Institut Baucontrol für Baustoff-, Boden- und Umweltprüfungen in Bingen. Drei Jahre lang sollen unter anderem Erkenntnisse gesammelt werden, wie belastbar das Material ist und ob es im Sommer zu einer messbaren Abkühlung der Umgebung kommt. Ob der neue Straßenbelag in Offenbach weiter verwendet wird, hängt El Cheikh zufolge von diesen Ergebnissen ab. Zuletzt sei das auch eine Entscheidung der Politik, "da die Kosten für den Klimaphalt auch wegen des notwendigen und aufwendigen Straßenaufbaus höher sind als für eine normale Straßensanierung an der Oberfläche".

An der Uni Kassel wird aktuell im Rahmen einer Promotion an einem geothermischen System geforscht, mit dem Asphalt im Sommer gekühlt und zugleich im Winter Glättebildung verhindert werden kann. Dazu sind in der obersten Asphaltschicht Rohrleitungen eingebaut, durch die im Sommer kaltes Wasser fließt und so die Straße kühlt. "Die dabei gewonnene Wärmeenergie wird in einer Wärmetauschanlage gespeichert und im Winter wieder abgegeben", erklärt Konrad Mollenhauer, Professor am Fachbereich Bauingenieur- und Umweltingenieurwesen und Betreuer der Doktorarbeit.

Die Grundidee sei nicht neu, aber in dem Kasseler Forschungsprojekt werde sie optimiert. "Es wird etwa untersucht, welchen Abstand die Leitungen optimalerweise haben sollten und welche Gesteinskörnung sich am besten eignet", erläutert Mollenhauer. Bestenfalls sei mit dem System eine Kühlung des Asphalts um bis zu 20 Grad möglich. Getestet wird der Straßenbelag aktuell auf Probeflächen in Köln.

Bislang halten die Straßen in Hessens Großstädten der Hitze in diesem Sommer stand. In Kassel und Darmstadt etwa seien bisher keine nennenswerten Hitzeschäden aufgetreten, teilten die Kommunen mit. Die Städte kontrollieren den Zustand ihrer Straßen nach eigenen Angaben regelmäßig.

In Frankfurt sei kürzlich lediglich in einem Straßenabschnitt eine Materialmischung aufgeweicht, die im Winter zur Verfüllung von Schlaglöchern verwendet werde, sagte die Leitende Baudirektorin Michaela Kraft. Die Verformungen stellten aber keine Verkehrsgefährdung dar und würden sich im Laufe der kommenden Wochen wieder glätten. "Davon abgesehen sind uns bisher keine Hitzeschäden an unseren Straßenbelägen bekannt."

Die von der Stadt eingesetzten Asphaltmischungen hätten sich bewährt und als sehr robust gegenüber hohen Temperaturen erwiesen, sagte Kraft. "Aufgehellten Asphalt haben wir schon an verschiedenen Stellen eingebaut." Er werde aber nur in Ausnahmefällen verwendet, da der Einbau mit deutlich höheren Kosten verbunden sei. "Konkrete Erfahrungswerte, inwiefern sich dieser in seiner Hitzebeständigkeit gegenüber herkömmlichem Asphalt unterscheidet, haben wir noch nicht."

Auch den Landesstraßen und Autobahnen in Hessen hat die Hitze bislang noch nichts anhaben können. Grundsätzlich könnten Spurrinnen auch auf hochbelasteten Bundes- oder Landesstraßen auftreten, erklärt Dirk Kronewald von Hessenmobil. Vorgebeugt werde dem durch die Verwendung steiferen Asphalts. "Daher sind in dem Bereich bislang keine Probleme bekannt." Alle Bundes-, Landes- und Kreisstraßen in Hessen werden Kronewald zufolge mindestens wöchentlich auf ihren Zustand überprüft.

Auf den in Hessen gelegenen Autobahnen seien aktuell keine Hitzeschäden aufgetreten, sagte Benedikt Dederichs, Pressesprecher der Autobahn GmbH des Bundes. Auch bundesweit seien bislang nahezu keine entsprechenden Schäden zu verzeichnen. Dennoch gelte: "Bei hohen Temperaturen sollte besonders aufmerksam gefahren werden."

(olb)