Fusionsreaktor Wendelstein 7-X vor der nächsten Experimentierphase

Gäbe es schon einsatzfähige Fusionskraftwerke, liefe die aktuelle Energiedebatte wohl anders. Doch noch wird geforscht. Die Experimente sind komplex.

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(Bild: IPP, Jan Michael Hosan)

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  • dpa

Forscherinnen und Forscher des Max-Planck-Instituts für Plasmaphysik in Greifswald stehen vor der nächsten Experimentierphase: In der Großforschungsanlage Wendelstein 7-X sollen die Versuche intensiviert werden, um die Energieproduktion der Sonne auf der Erde nachzuahmen und so langfristig eine alternative Stromquelle zu erschließen. Der Abschluss eines langwierigen Umbaus wird mit einem Festakt gefeiert, zu dem auch Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) am Dienstag erwartet wird.

Bei den anstehenden Experimenten geht es darum, die Grundlagen für einen Dauerbetrieb einer Anlage vom Typ "Stellarator" zu erforschen. In der Forschungsanlage befindet sich in einer Vakuum-Kammer elektrisch aufgeladenes Wasserstoffgas, das extremer Hitze ausgesetzt wird. Dieses Plasma wird durch meterhohe Magnetspulen quasi in der Schwebe und so auf Abstand zu den Kammerwänden gehalten. Als Energiequelle dient die Hitze, die bei der Verschmelzung von Atomkernen entsteht.

Durch den Umbau soll das Plasma nicht wie bisher nur für einige Sekunden, sondern für eine wesentlich längere Zeit erzeugt werden. "Es geht um den Dauerbetrieb. Das ist die eigentliche Mission", sagt der Physiker und Projektleiter Thomas Klinger der Deutschen Presse-Agentur (dpa). 100 Sekunden unter moderaten Bedingungen gelangen in Greifswald schon. Angestrebt werden nun bis zu 30 Minuten.

Für den längeren Betrieb bei Maximaltemperaturen von bis zu 50 Millionen Grad Celsius seien 600 Wasserkühlkreise installiert worden. Damit sollen die "Kacheln" im Innenraum der Kammer gekühlt werden. Herzstück der Anlage ist der Ring aus 50 etwa 3,5 Meter hohen Magnetspulen, die auf minus 270 Grad heruntergekühlt werden.

Die in der Kammer entstehende Hitze soll – noch nicht bei dem Versuchsreaktor – als Energiequelle genutzt und mittels Wärmetauscher und Dampfturbine zu Strom umgewandelt oder als Direktwärme in Heizsysteme abgeführt werden. Auch Fusionskraftwerke sind nukleare Anlagen. Allerdings falle kein hoch-radioaktiver Abfall an, so Klinger. Die Gesamtkosten für das 1996 gestartete "W 7-X"-Projekt belaufen sich auf 1,3 Milliarden Euro, die Kosten für die Anlage selbst betragen 400 Millionen Euro. Finanziert wird das Vorhaben von Bund, Land und der EU.

Kernfusionsexperiment "Wendelstein 7-X" (10 Bilder)

Ein Blick ins Innere des Wendelstein 7-X aus dem Jahr 2011. Von Innen nach außen zu sehen: Plasmagefäß, eine der verwundenen Stellaratorspulen, eine ebene Spule, Stützstruktur und Außengefäß. (Bild: IPP, Wolfgang Filser )

(mho)