heise meets… Deutschland digital – besser als sein Ruf?

Deutsche Unternehmen, Start Ups und Hochschulen brauchen den Vergleich nicht scheuen. Mit etwas mehr Mut wären wir weiter vorn bei der Digitalisierung.

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Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Gisela Strnad
Inhaltsverzeichnis

Im Gespräch mit Dr. Martin Hofmann, Advisor Strategic Customers bei Salesforce und ehemaliger CIO der Volkswagen Group werfen wir einen Blick auf den Digitalisierungsgrad der deutschen Unternehmen, der öffentlichen Verwaltung und in die Start-up- und Hochschulszene Deutschlands. Deutschland wird in der Presse und in Statistiken oftmals als das "Digitalisierungsschlusslicht" in Europa dargestellt.

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"Die öffentliche Wahrnehmung hingt da etwas hinterher. In einigen Bereichen ist es leider so, aber wir haben auch Leuchtturm Projekte", stellt Hofmann klar. "Es gibt einige Projekte, die zum schlechten Ruf beitragen, zum Beispiel aus dem behördlichen Umfeld, hier befinden wir uns in einer Konsenskultur und versuchen alles 100 Prozent Risikofrei und untere Berücksichtigung von jedem und allem umzusetzen." Dazu gehöre unter anderem das Projekt Digitale Gesundheitskarte.

Dr. Martin Hofmann, Advisor Strategic Customers bei Salesforce

Großen Nachholbedarf haben wir im Umfeld Digitale Bildung. "Selbst bei Projekten mit großer Nachfrage der Jugendlichen, ist es schwierig sie in den Schulunterricht zu integrieren. Wir müssen das 'einfach machen' wieder lernen – so wie es Erfinder und Ingenieure in Deutschland historisch getan haben. Wir beschäftigen uns mehr mit den Risiken und Ausnahmefällen und weniger mit den Chancen, die sich aus dem Projekt ergeben", bemängelt Hofmann.

In Deutschland haben wir laut Hofmann eine gute präsente Start-up Szene; die deutsche Industrie sowie Investoren seien aktiv. Gute Beispiele für junge Unternehmen seien Celonis (Commerce Software), eine Ausgründung der TU München, oder Personio (HR-Software) mit einer Milliardenbewertung, das auch international Furore macht. Oder die Übersetzungssoftware DeepL.

Wichtig sei, dass wir gute Rahmenbedingungen schaffen, Gründungen müssen schneller gehen und Start-ups müssen besser unterstützt werden, auch durch erfahrene Manager, die sie begleiten, coachen und vertrieblich Türen öffnen.

Technologien ohne Künstliche Intelligenz sei heute nicht mehr denkbar, meint Hofmann. Es gibt hierzulande renommierte Venture Funds wie etwa Lake Star Ventures, mit Fokus auf Deep Tech in Deutschland und Europa, die zum Ziel haben, europäische Tech Start-ups an die Weltspitze zu führen. Im Bereich Künstliche Intelligenz laufen viele Gründungen, in Deutschland über den AI Campus von Merantix in Berlin. Dort tummeln sich über 100 KI-Spezialisten aus der ganzen Welt, die nach Berlin geholt wurden.

Auch im Bereich Quanten-Computing stehe Deutschland im europäischen Vergleich gut da. Die Firma Terra Quantum, ein Deutschschweizer Unternehmen, hat 2021 eine der größten Finanzierungsrungen im globalen Quantentechnologie-Segment mit rund 75 Millionen US-Dollar durchgeführt.

Im Hochschulbereich gibt es ebenfalls nennenswerte Initiativen und eine beeindruckende Gründerszene, betont Hofmann. Exemplarisch sei das UnternehmerTUM von Professor Schönenberger in München zu nennen: Inkubation aus der TU München heraus, um neue Digitalchampions entstehen zu lassen. Mittlerweile werden in Deutschland Unternehmenswerte im Milliardenbereich in jungen Unternehmen gehalten, um ihnen zu helfen, aus der Forschung heraus Unternehmen zu gründen – alles im Bereich Digitalisierung.

"Wir haben keine digitalen Superstars wie Google, Meta oder Amanzon. Vielleicht sollten wir hier auch stärker auf unsere traditionellen Unternehmen schauen, die sich auch zu 'digitalen Stars' wandeln. Beispielhaft dafür ist unter anderem Siemens: ein Unternehmen, welches grundlegende Ingenieurskunst mit Digital-Know-How verbindet und damit auf Augenhöhe zu Unternehmen aus den USA ist", erklärt Hofmann. Oder Adidas, die in der Pandemie über die Stores keine Produkte verkaufen konnten und sofort von ihrem eCommerce Handel und exzellenten Customer-Relationship-Management profitiert hätten. "Wenn wir an Digitalisierung denken, sollten wir nicht zu sehr in Sparten denken. Digitalisierung findet überall statt. Nur die Kommunikation ist derzeit schlecht", bemerkt Hofmann.

"Unseren Wohlstand sichern alle Branchen und Unternehmen, die in 10 Jahren noch am Markt sind", bemerkt Hofmann. Das digitale Know-How und die Kompetenz sei vorhanden. "Vorausgesetzt, ich habe die Fachleute. Hätte Adidas nicht schnell reagiert und auf Digitalisierung gesetzt, würde das Unternehmen heute anders dar stehen.". Geld sei derzeit noch nicht das Problem. Gesucht würden vielmehr Investoren und Partner, die mehr mitbringen als nur finanzielle Mittel. Gesucht würden Partner, die Kontakte mit einbringen und mithelfen erfolgreich zu werden.

Aktueller Handlungsbedarf bestehe derzeit im Umfeld der öffentlichen Verwaltung. Hier müssten die Abläufe massiv vereinfachte werden. Bürger müssten die Vorteile spüren, dann verändere sich auch die Sicht auf die Digitalisierung. Dazu müsse noch stärker medialer Druck auf die Politik ausgeübt werden. "Menschen schätzen Erfolg", so das Credo von Hofmann.

Zum Thema Machine Learning und Künstliche Intelligenz bietet die heise Academy eigene Kurse und Weiterbildungen an:

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(jk)