Neun-Euro-Ticket füttert vor allem den Tourismus

Das Billig-Ticket hat laut Statistischem Bundesamt nicht Verkehr von der Straße auf die Schiene verlagert. Der Verkehrsminister hatte das Gegenteil behauptet.

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Je grüner desto attraktiver: Landschaftliche Attraktivität, wie sie vom Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung 2006 bewertet wurde.

(Bild: BBR)

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Das seit Anfang Juni erhältliche Neun-Euro-Ticket für den ÖPNV hat vor allem auf ländlichen touristischen Routen für mehr Verkehr gesorgt. Das geht aus einer Auswertung des Statistischen Bundesamts für den Juli hervor. Es hat festgestellt, dass die Zahl der erfassten Zugreisen in beliebten Reisegebieten in dem Monat gegenüber dem Vergleichszeitraum 2019 um 80 Prozent zugenommen hat.

Insgesamt lag die Zahl der Zugreisen ab 30 km Entfernung im Juli so wie im Juni deutlich über dem Niveau des Jahres 2019, vor Ausbruch des Coronavirus, teilte das Bundesamt weiter mit. Wie schon im Juni wurden im Durchschnitt 42 Prozent mehr Fahrten unternommen als im jeweiligen Vergleichsmonat 2019.

Dem gegenüber lagen die Reisen im Straßenverkehr bundesweit weiterhin ungefähr auf dem Niveau des Vergleichszeitraumes von 2019. Diese Ergebnisse deuten für das Statistische Bundesamt darauf hin, dass die Zahl der Reisen generell angestiegen ist. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) hatte am Mittwoch auf Basis vorläufiger Zahlen behauptet, das Neun-Euro-Ticket habe dafür gesorgt, dass Verkehr von der Straßen auf die Schiene verlagert worden sei.

"Eine regionale Verschiebung vom Straßen- zum Schienenverkehr lässt sich aus diesen Ergebnissen jedoch nicht ableiten", schreibt das Bundesamt "In der bundesweiten Perspektive lag die Veränderungsrate im Straßenverkehr im Juni und Juli 2022 im Schnitt bei 0 Prozent." Ähnlich wie beim Eisenbahnverkehr sei auch beim Straßenverkehr insbesondere in ländlichen touristischen Kreisen Anfang Juli ein zeitlich begrenzter Abwärtstrend zu beobachten. Als Grund dafür gibt das Amt einen zeitlich vorgelagerten Anstieg der Reisen im Referenzzeitraum 2019 an, damals begannen die Sommerferien früher.

Wissing hatte am Mittwoch im ZDF ergänzt, dass zurzeit Analysen zum Neun-Euro-Ticket angefertigt würden, die Ergebnisse müssten abgewartet werden. Jetzt aber sei schon klar, dass "wir mit diesem Ticket viel Bewegung in den ÖPNV gebracht haben".

Für seine Auswertung der Reiseaktivitäten verwendet das Bundesamt nach eigenen Angaben anonymisierte und aggregierte Mobilfunkdaten aus dem Telefónica-Netz, die von Teralytics aufbereitet werden. Bewegungen werden aus Positionsänderungen identifiziert, wenn die Aufenthalte an Start- und Zielort mindestens 30 Minuten betragen.

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Für diese Auswertung hat das Statistische Bundesamt die zehn Reiseregionen mit den meisten Gästen in Beherbergungsbetrieben im Mai 2022 als Regionen mit starkem Tourismusaufkommen definiert. Diese machen knapp ein Drittel der gesamtdeutschen Gästeankünfte im Mai 2022 aus. Dabei können nicht zwischen Freizeit- und anderen Reisenden wie zum Beispiel Geschäftsleuten unterschieden werden; auch werde der Tagestourismus nicht erfasst.

(anw)