US-Kabel verliert erstmals Breitbandkunden

US-Kabelnetze haben erstmals weniger Breitbandkunden. Auch den klassischen Telefonnetzbetreibern laufen die Kunden davon – oft zu T-Mobile und Verizon.

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Zwei Kunstoffboxen an der Außenwand eines Hauses, mehrere Koaxialkabel führen von den Boxen entlang der Hauswand

Nordamerikanischer Kabel-Anschluss

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

Lesezeit: 3 Min.

US-Kabelnetzbetreiber mussten im zweiten Quartal einen Schwund bei Breitbandanschlüssen hinnehmen. Das hat die Branche bisher noch nie erlebt. Ende Juni gab es in den Vereinigten Staaten 75,55 Millionen Kabel-Breitbandanschlüsse – 60.000 weniger als zu Beginn des Quartals. Größter Verlierer war der Netzbetreiber Altice.

Den klassischen Telefonnetzbetreibern geht es noch schlechter. Sie mussten in den drei Monaten netto fast 85.000 Breitbandkunden weniger hinnehmen, auf nunmehr 32,19 Millionen Anschlüsse. Größter Verlierer war der Netzbetreiber Lumen. Das berichten Marktforscher der Leichtman Research Group (LRG), deren Daten 96 Prozent des US-Breitbandmarktes abdecken sollen. Sehr kleine Netzbetreiber sind nicht enthalten, ihre Geschäftsentwicklung machte das Kraut aber auch nicht fett.

Als große Gewinner weist die LRG-Erhebung die Funknetzbetreiber T-Mobile USA und Verizon aus. Sie bieten Breitbandinternet über Funk an ausgewählten fixen Standorten (Fixed Wireless Access) an. T-Mobiles Angebot ist in den drei Monaten rund 57 Prozent oder 560.000 Anschlüsse auf 1,54 Millionen gewachsen. Bei Verizon sind es rund 58 Prozent oder 256.000 Anschlüsse auf nunmehr 700.000. Gemeinsam hatten die beiden also eine Fixed-Wireless-Kundenschar von 2,24 Millionen – im Vergleich zum Kabel- und Festnetz-Kundenstamm von zusammen an die 108 Millionen sehr überschaubar.

Bei den Festnetzen zeigt sich übrigens ein deutlicher Trend zu Glasfaseranschlüssen: Während klassische Kupferdrahtanschlüsse um netto 575.000 gefallen sind, gab es 490.000 zusätzliche Internetzugänge über Glasfaser. Rechnet man die beiden Bewegungen gegen einander auf, kommt man auf die erwähnten 85.000 Anschlüsse weniger. Kabel, Telefonnetz und Fixed Wireless gemeinsam hatten in den USA zur Jahresmitte rund 110 Millionen Anschlüsse.

Schon seit längerem rückläufig ist das Geschäft mit Bezahlfernsehen in den USA. Der Trend des "Cordcutting" hat sich laut LRG deutlich beschleunigt. Kabelnetzbetreiber haben in den drei Monaten des zweiten Quartals 949.000 Pay-TV-Abos verloren (2,4%), andere traditionelle Anbieter wie Satelliten- und Festnetzbetreiber 709.000 (3%).

Selbst den relativ jungen "virtuellen" Anbietern ohne eigene Zugangsnetze laufen Kunden davon – und, soweit bekannt, sogar noch schneller. Hulu, Sling und fuboTV veröffentlichen Statistiken zahlender Kunden, und alle drei Anbieter hatten am Ende des Quartals weniger als zu Beginn. In Summe haben sie 265.000 Kunden oder 3,6 Prozent verloren. Für andere US-Anbieter, allen voran Google mit YouTube TV, sind keine Daten verfügbar.

Zum Vergleich: Im Gesamtjahr 2020 haben amerikanische Pay-TV-Anbieter 4,55 Millionen zahlende Kunden verloren, 2021 schon 5,43 Millionen. Alleine im zweiten Quartal 2022 haben sich 1,92 Millionen abgemeldet. Allerdings gab es zur Jahresmitte immer noch 72,19 Millionen Pay-TV-Abos in den USA.

(ds)