Bitcoin-Schürfboom in Schieflage: US-Miner machen Millionenverluste

Gesunkener Bitcoinkurs, gestiegener Strompreis und hohe Inflation: Die großen Unternehmen der US-Miningbranche schreiben dicke rote Zahlen.

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(Bild: Shutterstock)

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Steigende Kosten und die Kursrutsche der vergangenen Monate haben die noch 2021 rasant gewachsene Bitcoinmining-Branche der USA in Bedrängnis gebracht. Mit Core Scientific, Riot Blockchain und Marathon haben allein drei der großen börsennotierten Schürfer im zweiten Quartal des Jahres über eine Milliarde US-Dollar Verluste eingefahren. Die USA sind seit Chinas Miningbann das Land mit dem größten Anteil an der Bitcoin-Hashrate – Schätzungen nach rund ein Drittel.

Die roten Zahlen bei Core Scientific belaufen sich auf 862 Millionen US-Dollar, Marathon machte rund 192 Millionen US-Dollar Miese und bei Riot Blockchain summierte sich das Minus auf 366 Millionen US-Dollar. Auch bei anderen Firmen sah es nicht besser aus: Bitfarms meldete etwa 142 Millionen Euro Verluste, Stronghold 40,2 Millionen.

Der niedrige Bitcoin-Kurs sowie steigende Strompreise und hohe Inflation zwingen die Mining-Unternehmen, immer mehr ihrer erschürften Bitcoins auf den Markt zu werfen, um ihre laufenden Kosten, Zinszahlungen und Ähnliches zu decken. Dabei verkaufen die börsennotierten Miner über ihre aktuelle Produktionsrate hinaus, hat der Analyst Jan Mellerud von Arcane Research festgestellt. Noch bis in den April konnten die Firmen 60 bis 80 Prozent der Bitcoins zur Seite legen. Seitdem geht es an die Reserven.

Allein im Juni seien demnach 14.600 Bitcoin von den Minern verkauft worden, wogegen nur 3900 neue erschürft wurden. Im Juli seien 6200 Bitcoin auf den Markt geworfen worden. So musste etwa Core Scientific im Juni mit 7202 Bitcoin rund 80 Prozent seiner Bestände verscherbeln. Das Geld brauchte man laut Mitteilung, um ASIC-Miningmaschinen zu bezahlen, Rechenzentrumskapazitäten zu erweitern und Schulden zu tilgen. Eigenen Angaben nach halte man aktuell noch 1205 Bitcoin und rund 83 Millionen US-Dollar in Cash.

Zwar habe sich die Situation etwas entspannt, aber sofern sich der Bitcoin-Kurs nicht signifikant ändere, werde der Abverkauf über Produktion weitergehen, schätzt Mellerud.

Auch wenn sich der Bitcoin von seinem Jahrestief unter 20.000 US-Dollar im Juni wieder etwas erholt hat und aktuell bei rund 23.000 US-Dollar notiert – das Allzeithoch mit 64.000 US-Dollar vom November ist in weiter Ferne. Der Verkaufsdruck, den die Miner erzeugen müssen, um ihre Rechnungen zu begleichen, könnte sogar noch dafür sorgen, dass der Bitcoinkurs eher wieder nachgibt. Die professionellen Schürfer würden sich dann gewissermaßen ihr eigenes Grab schaufeln.

Zuletzt hatte wohl vor allem für Aufwärtsbewegung im Markt gesorgt, dass Ethereum im September seinen Umstieg auf das Konsensverfahren Proof of Stake angehen will. Das hatte auch den Bitcoinkurs etwas beflügelt. Ob das anhält, bleibt abzuwarten.

Die Miner nehmen indessen Schulden auf, verkaufen ihre Mining-Hardware oder sichern sich anderweitig Liquidität. Marathon nahm etwa einen weiteren Kredit über 100 Millionen US-Dollar auf und refinanzierte eine andere 100-Millionen-Verbindlichkeit. Core Scientific schloss laut Bloomberg einen Aktiendeal über 100 Millionen US-Dollar ab; ebenfalls sollen 10 Prozent der Belegschaft gefeuert werden. Die Miningfirma Stronghold wiederum bekam von ihrem Geldgeber New York Digital Investment Group 67,4 Millionen US-Dollar erlassen, wofür sie im Gegenzug 26.200 Miningrechner an den Gläubiger übergab.

Besondere Blüten trieb die Minerklemme in Texas: Manche Betreiber stellten im Zuge von Stromknappheiten wegen einer Hitzewelle teilweise ihre Miningfarmen ab. Über Optionen hatte sie sich zuvor günstige Abnahmepreise für Strom gesichert und konnten den ungenutzten Strom dann zu höheren Konditionen versilbern. Riot Blockchain konnte so vermelden, im Juli durch Stromgutschriften mehr Geld verdient zu haben als durchs Mining.

Ambitionierte Wachstumsziele hat die US-Schürfer aber nach wie vor: Marathon teilte anlässlich der Quartalszahlen mit, auch weiterhin seine derzeitige Miningleistung von 4,7 Exahash pro Sekunde bis Mitte nächsten Jahres auf 23,3 Exahash aufbohren zu wollen. Core Scientific möchte noch in diesem Jahr von 17,9 Exahash auf 30-32 Exahash zulegen, was eine ungefähre Leistungsaufnahme von einem Gigawatt mit sich brächte.

(axk)