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TiVo OS: Neues TV-Betriebssystem nimmt den Kampf um den Fernseher auf

Xperi tritt mit TiVo OS gegen Android TV, Fire TV und Roku sowie die proprietären Systeme von Samsung und LG an.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Nico Jurran

Xperi will mit seinem TV-Betriebssystem TiVo OS in Europa an den Start gehen. Erster Partner ist Vestel, der neben Xperi das System in Berlin auf der IFA präsentiert.

Interessant ist die Entwicklung vor allem deshalb, weil es mit der wachsenden Zahl der Streamingdienste für einzelne Fernseherhersteller immer schwieriger wird, eine eigene TV-Plattform zu unterhalten. Schließlich geht es hier zum einen darum, eine attraktive Bedienoberfläche zu schaffen. Der TV-Hersteller muss auch die Dienste davon überzeugen, das System zu unterstützen. Welche Verzögerungen dabei auftreten können, zeigte sich bei Panasonic: Das Unternehmen brachte erst im September 2021 eine TV-App für Disney+ auf seine Geräte – mehr als ein Jahr nach dem Deutschlandstart des Dienstes.

Das alles macht herstellerübergreifende Lösungen wie Android TV, Fire OS und aktuell eben Roku OS vor allem für kleinere TV-Hersteller interessant, während LG und Samsung weiter auf eigene Lösungen setzen. Xperi geht nach eigenen Angaben davon aus, dass auf dem Markt noch Platz für ein fünftes System ist.

TiVo OS beherrscht die diensteübergreifende Suche. Ist ein Titel bei mehreren Anbietern verfügbar, kann man wählen, welcher ihn abspielen soll.

Auf den ersten Blick fällt auf, dass TiVo OS dem TV-Hersteller bereits auf der Startseite die Möglichkeit gibt, sein Branding unterzubringen. Laut Xperi ist dies ein wichtiger Punkt für TV-Hersteller, die bei der Nutzung von Android TV und Fire OS komplett in den Hintergrund gedrängt würden.

Die Oberfläche selbst wirkt sehr aufgeräumt, was Nutzern gefallen dürfte, die beispielsweise dem doch recht überladenen Fire OS nichts abgewinnen können. Zu diesem Ansatz passt, dass der Anwender konkret festlegen kann, welche Dienste man abonniert hat, um keine Werbung für Inhalte angezeigt zu bekommen, auf die er keinen Zugriff hat. Interessant für Amazon-Prime-Abonnenten: In den Einstellungen kann man einstellen, nur solche Filme und Serien angezeigt zu bekommen, die bei Amazon Prime Video ohne Zusatzkosten enthalten sind. Kauf- und Miettitel werden folglich gar nicht erst angezeigt.

Als besonders interessant stellte sich bei der Vorführung die Sprachsteuerung heraus, da TiVo OS einige Features bietet, die nicht oder nicht in diesem Umfang bei den Konkurrenzprodukten verfügbar sind. Ein Punkt sind dabei Nachfragen: Hat man sich beispielsweise mit "Zeige Actionfilme" eine Auswahl mit Actionstreifen anzeigen lassen, kann man das Suchergebnis mit "Nur Filme mit Sylvester Stallone" auf Filme mit einem Schauspieler beschränken lassen. Mit einem Befehl wie "Nur Filme aus den 2000ern" ist eine weitere Filterung möglich. Ebenso kann man gleich sagen: "Zeige mir Actionfilme aus den 2000ern mit Sylvester Stallone".

In den Einstellungen von TiVo OS kann man festlegen, dass man von Amazon Prime Video nur Inhalte angeboten bekommt, die im Abo ohne Zusatzkosten enthalten sind.

Die Basis für die Anfragen bilden Metadaten, die Xperi über die vergangenen Jahre gesammelt hat. TiVo startete ursprünglich in den USA als Aufnahmesystem, das TV-Sendungen automatisch nach den Vorlieben des jeweiligen Nutzers aufzeichnete. Schon damals bildeten Metadaten zu den gezeigten Filmen, Serien, Dokumentationen und Shows die Grundlage des Geschäfts. Wie umfangreich die erfassten Daten sind, zeigt sich daran, dass Tivo OS auch in der Lage ist, Filme an bekannten Sprüchen wie "Hasta la vista, Baby!", "Let it go" oder "Show me the Money!" zu identifizieren.

In welchen europäischen Ländern TiVo OS im ersten Schritt starten wird, ist aktuell noch nicht bekannt. Laut Xperi will man in einem Land erst dann starten, wenn man ein gutes Nutzererlebnis gewährleisten könne – sprich, wenn jeweils die wichtigsten Dienste über die Plattform verfügbar sind.

Bereits zum Start der IFA hatte der für seine Streaming-Player bekannte US-Unternehmen Roku angekündigt, seine TV-Plattform Roku OS nach Deutschland zu bringen – zunächst auf Fernseher der Hersteller TCL und Metz. (nij)