Krebsforschung: Elastischer Hautsensor misst, ob der Tumor schrumpft

Mit einer elektronischen Membran messen Krebsforschende in Echtzeit, wie sich ein potenzielle neues Medikament auf die Tumorgröße auswirkt.

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(Bild: Shutterstock/m.mphoto)

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Krebs ist die zweithäufigste Todesursache in Deutschland: Allein im Jahr 2020 starben 239.600 Menschen an einer Tumorerkrankung. Entsprechend intensiv wird an Medikamenten geforscht, mit denen sich Krebs bekämpfen lässt.

Doch für jedes Medikament, das es in die Klinik schafft, wurden vorher tausende Wirkstoffe erfolglos getestet. Forschende setzen deshalb auf Hochdurchsatz-Screeningverfahren, genomische Tests, Zellkulturen und organoide Systeme, um die Wirksamkeit zahlreicher Wirkstoffe gegen eine bestimmte Krebsart möglichst schnell und kostengünstig beurteilen zu können.

Ist eine Substanz vielversprechend, wird sie an Mäusen mit Tumoren getestet. Aber auszuwerten, ob eine Substanz tatsächlich winzige Tumore an ohnehin sehr kleinen Tieren schrumpfen lässt, ist ein schwieriges, aufwändiges und fehleranfälliges Unterfangen. Die Größe der Tumore vermessen die Forschenden beispielsweise teilweise noch mit Schieblehren, die bei der Messung die Tumore verformen – von den Messabweichungen, die zwischen unterschiedlichen Tieren bestehen ganz abgesehen. Auch radiologische Verfahren lassen keine kontinuierliche Überwachung der Tumorentwicklung zu. Das macht diese Phase der Medikamentenentwicklung gegen Krebs zum Nadelöhr.

Ingenieure der Stanford University haben deshalb nun einen flexiblen Sensor entwickelt, den sie auf den Tumor kleben können und der die Größe des Knotens dann auf hundertstel Millimeter genau vermisst. "Flexible Autonomous Sensor Measuring Tumors" – oder kurz: FAST – haben die Forschenden ihr System genannt, das sie kürzlich im Fachjournal Science Advances vorgestellt haben.

Das Herzstück des Sensors ist ein elastischer, hautähnlicher Polymerstreifen, in den Goldschaltkreise eingebettet sind. Dieser Sensor ist in einen so genannten Rucksack eingespannt, der sowohl den Sensorstreifen auf dem Tumor fixiert, ohne den Tumor zu quetschen, als auch die Daten, die vom Sensorstreifen erfasst werden, an eine Smartphone-App weitersendet.

Durch diesen Sensor sollen gleich mehrere Probleme der Krebsforschung gelöst werden: Er ermöglicht eine Echtzeit-Überwachung der Tumorentwicklung und kann sogar erfassen, ob der Tumor seine Form verändert. Und das System ist sowohl autonom als auch nicht-invasiv, so dass die Tiere sich frei bewegen können und auch der Tumor nur von dem zu untersuchenden Wirkstoff und nicht vom Sensor beeinflusst wird. Damit könne der Screening-Prozess von Krebsmedikamenten beschleunigt, automatisiert und kostengünstiger werden, sind die Forschenden überzeugt. Die FAST-Sensorsysteme sollen lediglich etwa 60 Dollar pro Einheit kosten und wiederverwendbar sein.

Derzeit arbeiten die Forschenden aus Stanford an einer implantierbaren Version ihres Sensors. Der Hintergrund: Als so genanntes theranostisches System – das gleichzeitig therapiert und diagnostiziert – könnte es irgendwann die Krebstherapie bei Menschen steuern. Es seien jedoch „weitere Studien erforderlich, um die Wirksamkeit eines solches Systems zu verstehen, so die Studienautorinnen und -autoren.

(jsc)