Atomkraft: Erstes europäisches Mini-AKW soll in Südböhmen entstehen

Wegen der Energiekrise in Europa wird das Projekt eines Small Modular Reactor im Atompark Temelín beschleunigt.

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Ein SMR aus dem Projekt HeFASTO der ČEZ-Tochter ÚJV. Links die Gesamtansicht mit Größenvergleich, rechts der Reaktorkern.

(Bild: ujv.cz)

Lesezeit: 3 Min.

In der Region Südböhmen in der Tschechischen Republik soll noch in der ersten Hälfte des nächsten Jahrzehnts ein Small Modular Reactor (SMR) gebaut werden. Dafür hat die Regierung Südböhmens nun mit dem Energieunternehmen ČEZ eine Vereinbarung geschlossen. Entstehen soll der auch "Mini-AKW" genannte SMR im neu gegründeten "Nuklearpark Südböhmen", der am Atomkraftwerk Temelín angesiedelt ist.

SMR seien kleiner als herkömmliche Atomkraftwerke und könnten daher in Serie gebaut werden, heißt es in einer Mitteilung aus Südböhmen. ČEZ, das das AKW Temelín betreibt, hatte bereits im Jahr 2020 mit GE Hitachi eine Kooperation abgeschlossen, um die für SMR nötige Technik zu entwickeln.

Das Pilotprojekt werde von der ČEZ-Tochterfirma ÚJV betrieben, die Arbeit daran jetzt angesichts der Energiekrise in Europa erheblich beschleunigt, heißt es in der Mitteilung. Dabei würden sich dadurch, dass das SMR auf dem Areal des South Bohemia Nuclear Park entstehen soll, in Planung, Bau und Betrieb Synergieeffekte ergeben, denn das Fachpersonal sei bereits vorhanden.

Im Wettrennen um das erste europäische SMR tritt der Standort Temelin in Konkurrenz mit Estland. Von dort war Ende vorigen Jahres bekannt geworden, dass ein Reaktor entstehen soll, der weniger als 300 MW Leistung erbringt. Bisher gibt es weltweit noch kein einziges dieser kleinen Atomkraftwerke, in Argentinien und China werden derzeit die Ersten gebaut. Microsoft-Mitgründer Bill Gates ist ein Befürworter von Mini-AKW. Das von ihm mitfinanzierte Unternehmen Terrapower arbeitet schon seit einiger Zeit an der SMR-Technik.

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Tschechiens Ministerpräsident Petr Fiala hatte bereits zu Anfang dieses Jahres die Devise ausgerufen, mehr auf Atomkraft zu setzen. In Temelín laufen zurzeit die Vorbereitungen für den Bau von zwei weiteren herkömmlichen Reaktoren. Zudem arbeite sein Unternehmen daran, in Dukovany einen neuen Reaktor zu errichten, erläuterte CEO Daniel Beneš. In Temelín könne nicht nur einfach der Nuklearpark wachsen, sondern ein Service-Zentrum für europäische Partner entstehen, die sich für die SMR-Technik interessieren.

Tomáš Pleskač, Chef der ČEZ-Abteilung für Atomkraft, meint, es werde damit gerechnet, dass die ersten SMR bis Ende dieses Jahrzehnts in den kommerziellen Betrieb gehen. Die Technik biete sich umso mehr an, als einige Kohle- und Heizkraftwerke ersetzt werden müssen, gleichzeitig strebe Tschechien größtmögliche Unabhängigkeit an. Für die Entwicklung von SMR kooperiert ČEZ außer mit GE Hitachi mit Rolls-Royce, EDF und Holtec. Über ihre Tochtergesellschaft ÚJV Řež entwickelt das Unternehmen SMR selbst.

Das deutsche Bundesamt für nukleare Entsorgung (BASE) hatte im März 2021 das SMR-Prinzip kritisiert. Um mit "Small Modular Reactors" (SMR) genannten kleinen Atomkraftwerken weltweit die momentan benötigte elektrische Leistung bereitzustellen, müssten tausend bis zehntausend SMR-Anlagen gebaut werden, hatte das Öko-Institut für das BASE ermittelt. Fragen zu Sicherheit, Transport, Rückbau sowie zur Zwischen- und Endlagerung seien bislang ungeklärt.

(anw)