Nach Drohnensichtungen und Nord Stream: Norwegen ist in Alarmbereitschaft

In Norwegen herrscht nach den Schäden an Nordstream 1 und 2 erhöhte Alarmbereitschaft. Das norwegische Gas ist wichtig für Deutschland.

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Gasstation in Emden für norwegisches Gas.

(Bild: Gassco)

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Nach Drohnensichtungen an norwegischen Öl-Bohrplattformen in der Nordsee und den entdeckten Lecks in den Ostsee-Gaspipelines Nord Stream 1 und 2 ist Norwegen um seine Energie-Infrastruktur besorgt. Die norwegische Regierung hat die Alarmbereitschaft erhöht, geht aus einer Mitteilung der norwegischen Aufsichtsbehörde für die Ölförderung PTIL hervor. Die Anlagen auf See und an Land sollen besser vor Sabotage geschützt werden.

Die PTIL hatte nach einigen Sichtungen nicht identifizierter Drohnen diese Woche eine Warnung herausgegeben. In den Tagen zuvor hatten Betreiber von Ölplattformen gemeldet, Flugobjekte seien in die Sicherheitszonen um Bohrinseln eingedrungen. In einer aktuellen Mitteilung schreibt die Behörde, es seien vermehrt Objekte unterschiedlicher Größe gesichtet worden, insbesondere im September. Diese werden nun von der Polizei untersucht.

Schiffe, die in norwegischen Gewässern unterwegs sind, sind zu erhöhter Wachsamkeit aufgerufen. Die PTIL hat sich am Donnerstag mit Unternehmen der Öl- und Gasindustrie zu einer außerordentlichen Sicherheitskonferenz getroffen, um die aktuellen Vorfälle zu besprechen. Dabei ging es auch um die Schäden an den Ostsee-Pipelines Nord Stream 1 und 2, die diese Woche entdeckt wurden und die vermutlich auf Sabotage zurückzuführen seien.

Unternehmen, die auf dem norwegischen Festlandssockel in der Nordsee aktiv sind, sind nach norwegischem Gesetz grundsätzlich selbst für die Sicherheit ihrer Anlagen verantwortlich. Diese hätten selbst das Wissen und Ressourcen, um diese Pflicht erfüllen zu können. Sie arbeiteten eng mit den Sicherheitsbehörden zusammen, heißt es in der Mitteilung. Die norwegische Ministerin für Erdöl und Energie Terje Aasland bestätigte, es herrsche allgemein ein hohes Bewusstsein für die Betriebssicherheit auf dem Festlandssockel.

Norwegische Sicherheitsbehörden hätten seit mehreren Jahren gewarnt, russische Geheimdienste könnten Informationen über den norwegischen Erdölsektor erhalten, berichtet die Zeitung Aftenposen. Die Polizei übe zwar regelmäßig, wie sie auf Anschläge auf Öl- und Gasanlagen reagieren könne, Angriffe auf Pipelines seien aber in den Szenarien nicht enthalten gewesen.

Der norwegische Sicherheitsexperte Ståle Ulriksen hatte schon im Februar kurz nach der russischen Invastion in die Ukraine stärkere Sicherheitsvorkehrungen an den Gasanlagen gefordert. Die Schäden an den Pipelines könnten einem Muster von "nicht zurechenbaren Aktionen" entsprächen, das Russland seit der Annexion der Krim 2014 anwendete und für das es keine Verantwortung übernehme. Laut dem staatlichen norwegischen Rundfunk NRK sagte Ulriksen, Norwegen sei auf solche Sabotage-Akte wie an Nord Stream 1 und 2 nicht vorbereitet; wie wahrscheinlich solche Anschläge sind, mochte er nicht einschätzen.

2019 stammten 47 Prozent der Erdgas-Importe in die EU aus Russland, aus Norwegen kamen 28 Prozent, analysierte im März dieses Jahres die Uni Köln. 97 Prozent des in Deutschland verbrauchten Erdgases wurden 2020 importiert. 10 Prozent der Öl-Importe nach Deutschland stammten 2021 aus Norwegen, 34 Prozent aus Russland. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hatte im März dieses Jahres Norwegen besucht, um dort vor allem über gesteigerte Importe von Flüssiggas nach Deutschland zu sprechen. Norwegisches Erdgas kommt über die Pipeline Europipe I und II nach Deutschland.

Für den Gasspeicherstand in Deutschland, der momentan 91,5 Prozent beträgt, sind Importe aus Norwegen also sehr wichtig. Im August hieß es aus dem Norden, von dort sei nicht zu erwarten, dass die Exporte nach Deutschland aufgestockt werden.

(anw)