Neue US-Sanktionen haben das Potenzial, Chinas Halbleiterbranche abzuschlachten

Die USA isolieren China von der restlichen Halbleiterwelt, was die moderne Chipfertigung angeht. Der kurzfristige Schaden ist enorm.

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(Bild: Macro photo/Shutterstock.com)

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Das US-Handelsministerium hat die bislang härtesten Sanktionen gegen die chinesische Halbleiterindustrie verhängt. Sie verhindern weitgehend die Zusammenarbeit von US- und US-nahen Firmen mit chinesischen Herstellern und führen zu einer Abwanderung vieler Ingenieure. Was 2020 mit Huawei passierte, könnte gerade der kompletten chinesischen Halbleiterbranche blühen.

Das US-Handelsministerium (Department of Commerce) hat die neuen Exportkontrollen am 07. Oktober 2022 verkündet ( PDF-Download ) und bis zum 12. Oktober vollständig umgesetzt. Sie gelten in erster Linie US-Firmen – da die Halbleiterindustrie aber weltweit vernetzt ist und praktisch alles ein bisschen US-Technik nutzt, halten sich auch Firmen wie ASML aus den Niederlanden und TSMC aus Taiwan an die Einschränkungen. Gerade in Zeiten chinesischer Aggressionen ist Taiwan um die Sympathie der USA bemüht, die im Gegenzug militärische Unterstützung zusagen.

Mit den neuen Handelsrestriktionen schränken die USA zum einen den Verkauf von High-Performance-Chips und weiteren Komponenten an chinesische Firmen ein und zum anderen auch deren Produktion. Da diese Punkte grob gefasst sind, soll der Weltmarktführer TSMC angeblich bis auf Weiteres keine Tape-Outs mehr für chinesische Firmen vornehmen. Das heißt, die Firmen können keine Chipdesigns mehr zu TSMC schicken, um diese dort fertigen zu lassen.

Zudem wird die Zusammenarbeit mit chinesischen Herstellern wie dem Chipauftragsfertiger SMIC und dem Speicherhersteller Yangtze Memory Technologies (YMTC) praktisch komplett unterbunden. Demnach dürfen US-Firmen und solche, die US-Technik verwenden, nicht mehr mit chinesischen Chipherstellern zusammenarbeiten, wenn deren Halbleiterwerke eine der folgenden Chipkategorien produzieren:

  • Logikchips (etwa Prozessoren) mit 3D-Transistoren (wie FinFETs oder GAAFETs) und einer Strukturbreite von 16 Nanometern oder feiner
  • DRAM-Chips mit einer Strukturbreite von 18 Nanometern oder feiner
  • NAND-Flash-Speicher mit 128 Lagen oder mehr

SMIC fertigt mit 14/12-nm-Technik in Serie und hat bereits einen laufenden 7-nm-Prozess für kleine Chips. YMTC ist Chinas größter Speicherhersteller mit 128-lagigen NAND-Flash-Bausteinen. Beide Unternehmen sind auf Geräte und Design-Tools unter anderem von den US-Firmen Applied Materials und Lam Research sowie von ASML angewiesen. Schon zuvor durfte ASML keine Lithografiesysteme mit extrem-ultravioletter (EUV-)Belichtungstechnik an chinesische Firmen verkaufen – über eine anstehende Ausweitung auf sämtliche Lithografiesysteme wurde bereits im Sommer gemunkelt.

Als Begründung führen die USA Risiken bei der nationalen Sicherheit und außenpolitischen Interessen an. Insbesondere der Bau von Supercomputern für das chinesische Militär soll verhindert werden. Ausnahmelizenzen sollen nur schwer zu bekommen sein.

Unterstaatssekretär des Commerce for Industry and Security führte dazu aus: "Wie ich dem Kongress bereits im Juli sagte, ist es mein oberstes Ziel beim Bureau of Industry and Security sicherzustellen, dass wir alles in unserer Macht Stehende tun, um unsere nationale Sicherheit zu schützen und zu verhindern, dass sensible Technologien mit militärischen Anwendungen vom Militär, den Geheimdiensten und den Sicherheitsdiensten der Volksrepublik China erworben werden."

Zusätzlich zu den Einschränkungen der Chipauftragsfertigung trifft eine neue Regelung Chinas Bestrebungen, die heimische Halbleiterproduktion voranzubringen: US-Staatsangehörige dürfen die Entwicklung beziehungsweise Produktion von Chips bei bestimmten in China befindlichen Halbleiterwerken nicht mehr unterstützen. Bei Verstößen kann die US-Staatsangehörigkeit entzogen werden.

Momentan gibt es noch keine bekannten Ausnahmen, weshalb erst einmal alle Verbindungen gekappt werden. Laut der South China Morning Post haben deshalb massenhaft Ingenieurinnen und Ingenieure China verlassen – seien sie bei Firmen wie SMIC selbst angestellt oder im Auftrag von US-Unternehmen wie Applied Materials vor Ort gewesen. ASML hat in seinen US-Niederlassungen ein internes Memo verschickt, laut dem alle Angestellten jeglichen direkten und indirekten Kontakt mit chinesischen Firmen einstellen sollen.

(mma)